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Fragen aus dem Reiterleben

Helmpflicht auf der Equitana?

Die Zeit ist reif, dass niemand mehr ohne Reithelm aufs Pferd steigt, findet Reiter Revue-Chefredakteurin Sarah Schnieder. Auf der Piste sieht man kaum noch Skifahrer ohne Kopfschutz. Das sollte auch in Reithallen und auf Pferdemessen so sein. Mehr dazu in dieser Kolumne.

Symbolbild

Seit 14 Jahren schreibe ich für die Reiter Revue. Eine lange Zeit, in der sich der Reitsport – wie fast alles im Leben – weiterentwickelt hat. Hätte man mir damals gesagt, dass Zylinder irgendwann nur noch als Deko an der Wand hängen, aber selbst im Grand Prix mit Helm geritten wird, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Reiter ohne Helm auf dem Titelbild unseres Magazins waren zwar Ausnahmen, aber in Ordnung. Heute würde dieses entscheidende Detail unter Garantie einen Shitstorm auslösen.

Zu Recht, würde ich sagen. Aus eigener Erfahrung. Als Kind bin ich von meinem Pony so schwer gestürzt, dass mein Reithelm komplett zerstört war. Mein Kopf blieb weitestgehend unversehrt. Vor einigen Jahren analysierte ein Forscherteam um Unfallchirurg Dr. Jeffrey Skubic in Texas, dass 23 Prozent der rund 45.700 verunfallten Reiter, von denen Daten ausgewertet wurden, Kopfverletzungen erlitten hatten. Viele dieser Verletzungen hatten neurologische Schäden zur Folge und bei tödlichen Stürzen waren Hals- und Kopfverletzungen die häufigste Ursache. Was die Forscher aber auch herausfanden: Viele Reiter mit schweren Verletzungen trugen zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Helm.

Ich gebe zu, auch ich habe trotz des Sturzes in der Kindheit als junge Erwachsene eine Phase gehabt, in der ich – außer beim Springen und im Gelände – meinte, keinen Helm tragen zu müssen. Niemand in meinem Reitverein trug einen. Eines Tages hatte ich meinen Reithelm erst vergessen und dann keine Lust, zum Sattelschrank zurückzulaufen. Es schlich sich immer mehr der Leichtsinn ein. Anfangs fühlte es sich ungewohnt an, aber irgendwie auch frei. Und mit der Zeit gewöhnte ich mich dran. Bis ich eines Tages vom schweren Unfall einer Bekannten erfuhr. Der rief in mir das ungute Gefühl wieder hervor, wenn ich ohne Helm in den Sattel stieg. Von da an ritt ich nicht mehr ohne. Und heute denke ich, welch großartige Leistung mein Schutzengel vollbracht hatte, der in der Zeit ohne Helm auf mich aufgepasst hat.

So schön und erfüllend unser Sport auch ist. Er ist potenziell gefährlich. Doch die Reiter, die noch immer ohne Helm aufs Pferd steigen, vermitteln ein anderes Bild. Und davon gibt es mehr, als man vermutet. Das sah ich jüngst auf der Equitana. Die Weltmesse des Pferdesports zeigte den Sport, bis auf wenige Ausnahmen, von seiner schönsten Seite – aber in allen Ringen sah ich auch Reiter ohne Helme.

Freiheitskünstler mit wehenden Haaren auf dem blanken Pferderücken, Westernreiter mit schnittigen Cowboyhüten. Als Vielseitigkeitsreiterin Anna Siemer (selbstverständlich mit Helm im Sattel) in der Abreitehalle einen Reiter ansprach, wo denn sein Helm sei, bekam sie die Antwort, den brauche er nicht. Ein Scherz? Hoffen wir es. Denn sonst ist es reiner Leichtsinn, den er damit zum Ausdruck bringt. Oder Dummheit.

Sollte auf einer Messe wie der Equitana eine Helmpflicht eingeführt werden? Ja, das wäre zeitgemäß. Auch die Grand-Prix-Reiter haben es, wenn auch teils zähneknirschend, akzeptiert, dass die Zeit des Zylinders vorbei ist. Und mittlerweile stellt kaum einer mehr infrage, dass der Helm im großen Viereck seinen Platz hat.

"Fragen aus dem Reiterleben" ist eine Kolumne, in der wir uns mit Themen beschäftigen, die Reiter bewegen. In jeder Ausgabe widmen wir uns einer neuen Frage. Außerdem gibt es viele spannende Tipps und ganz viel Wissen für gutes Reiten und gesunde Pferde. Hier können Sie das Printmagazin von Mai oder die Digital-Ausgabe direkt bestellen.