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Folgen des Kriegs in der Ukraine für Pferdehalter

Es ist unfassbares Leid, das sich in der Ukraine seit dem Angriff von Putins Soldaten auf dieses Land abspielt. Abseits der Grenzen stellt der Krieg den Rohstoffmarkt auf den Kopf. Auch auf Pferdehalter kommen ungemütliche Zeiten zu. Wie teuer wird es, ein Pferd zu halten?

Symbolbild

Es wird eng für viele Pferdebesitzer in den nächsten Monaten. Von der Fahrt zum Stall bis hin zur Einstreu oder Futter.“ Was die unabhängige Futterberaterin Cornelia Fritz in zwei Sätzen zusammenfasst, spiegelt die düstere Prognose für die Pferdebranche wider. Der Krieg in der Ukraine stellt den Weltmarkt auf den Kopf – er wird langfristige Folgen haben, das ist gewiss. Doch wie genau die Folgen aussehen, dafür bräuchte es einen Blick in die Kristallkugel. Spürbar und sichtbar sind sie jetzt schon. An der Zapfsäule dreht es einem angesichts der Spritpreise den Magen um, im Supermarkt werden Mehl und Speiseöl nur noch portionsweise verkauft – wenn sie überhaupt verfügbar sind. Doch die steigenden Preise bei Öl, Gas und Getreide werden auch Pferdehalter treffen.

Bestes Beispiel: Pferdefutter. Aufgrund des andauernden Krieges in der Ukraine, der Kornkammer Europas, und der Sanktionen für Russland werden beide Länder für Getreide-Exporte vorerst ausfallen. „Wir beziehen unser Getreide überwiegend von regionalen Produzenten“, sagt Benjamin Mangelkramer, Marketingleiter beim Pferdefutterhersteller Josera. „Aber das Problem betrifft uns trotzdem, denn die Getreidepreise richten sich nach dem Weltmarkt. Wenn durch Russland und die Ukraine circa 30 Prozent des Weltmarktes wegbricht, ist es egal, woher man das Getreide bezieht, es wird dann teurer. Weil sich einfach 100 Prozent der Nachfrage auf 70 Prozent des Angebots stürzen.“ Die Torte wird also um ein großes Stück kleiner werden. Wird – richtig. Denn noch sind diese Engpässe Zukunftsmusik. Die Ernte 2022 steht ja noch aus.

„Leider reicht es schon, wenn man nur darüber spricht, dass es knapp werden könnte. Eine wahrscheinliche Verknappung sorgt bereits dafür, dass etwas teurer wird“, sagt Cornelia Fritz. „Und die Preise sind exorbitant hochgegangen in den letzten Wochen. Hafer kostet inzwischen etwa 34 bis 35 Euro pro 100 Kilo. Vor dem Krieg waren wir je nach Ernte bei etwa 15 Euro pro 100 Kilo, bei schlechter Ernte vielleicht mal bei 20 Euro.“

Ein Rattenschwanz an Kosten

Die Getreidewaren sind nicht der einzige Kostenfaktor. „Da sind noch die Energiekosten in der Herstellung und die Energiekosten der Logistik, die einen großen Teil ausmachen“, sagt Cornelia Fritz. Auch Vormischungen an Vitaminen und Mineralstoffen werden teurer, weil die Beschaffung schwieriger wird, die Energiekosten zum Herstellen und Mischen und am Ende auch die Logistikkosten steigen. „Was wir beobachten, ist, dass teilweise die Angebote, die man gerade bekommt, auf Stundenbasis gestellt sind – so eine turbulente Situation haben wir noch nie erlebt“, erzählt Mangelkramer. Auch in Sachen Heu blickt Cornelia Fritz sorgenvoll in die Zukunft: „Da wird es Veränderungen geben. Ich weiß nicht, ob nicht wieder Flächen für Getreide umgenutzt werden. Und wir haben schon nicht mehr viele Flächen fürs Heu gehabt, weil viele in Maisflächen für die Biogasanlagen umgewandelt wurden. Heu ist zudem aufwendig herzustellen. Und dann noch die Sprit- und Transportkosten. Heu aus Trocknungsanlagen, die einen hohen Energieaufwand erfordern, wird sicherlich teurer.“

Wer übrigens auf die Karte „getreidefrei“ setzt beziehungsweise setzen muss, wird genau das zu spüren kriegen: In getreidefreiem Futter steckt viel Rohfaser, Raufutter, Heu, Wiesengräser – künstlich getrocknet. „Das wird noch nicht sofort, aber bei der neuen Ernte teurer werden“, prognostiziert die Fütterungsberaterin.

Bei der Einstreu sieht es keinen Deut besser aus. Ob man das klassische Stroh nimmt oder alternative Einstreu. Auch hier lautet das Stichwort: Verknappung. Beispiel Späne: Die holzverarbeitende Industrie war schon vor dem Krieg gebeutelt. Jetzt verschärft sich die Situation. „Bei uns ist es zwar so, dass wir keine direkten Rohstoffe aus Russland, Weißrussland oder der Ukraine beziehen und konkret betroffen sind durch diesen Konflikt. Vielmehr ist es aber so, dass sich der Markt verändert hat. Russland beispielsweise ist einer der größten Holzexporteure weltweit gewesen und der bricht aktuell komplett weg“, erklärt Fabian Hage, Geschäftsführer des Tiereinstreu-Herstellers Allspan German Horse. Womit wir wieder bei der Torte und dem dicken fehlenden Stück wären. Hinzu kommen auch hier Herstellung und Verpackung: „Wenn ich mir unsere Produktionsstätten anschaue, gibt es da nicht eine Stelle, wo sich kein Motor dreht, wo getrocknet, veredelt, gesiebt werden muss. Es ist energielastig und das schlägt voll ins Kontor“, sagt Hage.

Auch ohne Kristallkugel ist klar: Auf Pferdebesitzer kommen ungemütliche Zeiten zu. Nur wie stark wird sich die Preisspirale drehen? Und: Wenn der Ballen Einstreu, der Sack Futter, die Pension des Pferdes, der Weg zum Stall immer teurer werden – wie lang kann der Pferdebesitzer sich dann noch sein Pferd leisten?

Wichtiger Hinweis, weil sich derzeit die Situation täglich stark verändern kann: Die Interviews für diesen Artikel in der Mai-Ausgabe haben wir Anfang April geführt.

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