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Durchgegangen: Unsere Kolumne über den Alltag mit Pferden

Die Zeit des Heuens kann teuer werden

Noch sind die Heuböden gut gefüllt, aber für manche Pferdehalter beginnt im Winter dann doch die Suche nach Nachschub. Manchmal mit kuriosem Ende, wie unsere Kolumne zeigt.

Guten Appetit! Damit die Pferde satt und glücklich sind, muss der Besitzer auf die Jagd gehen: Die Heu-Jagd.

Die Zeit des Heuens beginnt für viele Pferdefreunde Anfang des Jahres. Dann, wenn sie feststellen, dass die letztjährige Kalkulation, deren Reste noch im Heuschober lagern, vorne und hinten nicht stimmt und der Vorrat spätestens im März zur Neige gehen wird. Sei es, weil die Ballen doch deutlich weniger ergiebig waren, als vor dem Anschnitt angenommen oder weil ein Hauch an Feuchtigkeit dem Schimmel das Tor in die Heukammer geöffnet hat. In diesem Fall bereitet es einem seelische Schmerzen, den nicht mehr verfütterbaren Heuberg auf den Misthaufen zu verfrachten. Man könnte genauso gut 50 Euro oder mehr in bar unter die Pferdeäppel mischen. Auch manche Einsteller einzelner Pensionsställe werden hier auf den Plan gerufen, denn wenn besagtes Gammel-Heu aus Kostengründen trotzdem verfüttert werden soll, ahnt der verantwortungsvolle Pferdebesitzer, dass darauf die nächste dicke Rechnung vom Tierarzt folgen wird. Deshalb ist er gut beraten, schnell in gutes Heu zu investieren.

Womit wir beim eigentlichen Thema wären. Denn seit dem Dürre-Sommer im Jahr 2018 ist die Suche nach dem geeigneten Pferde-Raufutter eine längerfristige Angelegenheit, die einen ins Labyrinth abgelegener Bauernhöfe führt. Dorthin, wo man eigentlich kein Leben mehr vermutet. Und das mit ungewissem Ausgang. Neben der Frage, ob man den rückwärts unter die Heubodenöffnung rangierten Pferdeanhänger problemlos durch die enge Schneise zwischen Haus und Stall zurück auf den unebenen Feldweg gezogen bekommt, der der einzige Weg aus dem Outback ist, sorgt auch hin und wieder die mangelnde Qualität des als 1a-Pferdeheu beschriebenen Staubbündels für die frustrierende Erkenntnis, dass man sich umsonst bis hierher gequält hat. Da könnte man ebenso gut den Ballen verfüttern, der auf dem heimischen Misthaufen vor sich hin rottet.

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Den Puls noch mehr in die Höhe treibt es einem allerdings, wenn man Qualitätsheu reserviert und bezahlt hat, es aber aus Mangel an Lagerfläche vorerst beim Verkäufer lässt. Wer sich da in Sicherheit wiegt, kann entweder auf ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Lieferanten zählen - der Großteil ist ja definitiv zuverlässig, aber eben nicht alle. Und bei letzteren fühlt man sich schlicht naiv, wenn man tatsächlich davon ausgegangen ist, dass sich das Gegenüber an Absprachen hält. „Ich muss mal gucken, ob ich überhaupt noch so viel habe. Sonst kriegst du eben Geld zurück“, ist nämlich die zwar nett klingende, aber letztendlich nur für den Verkäufer faire Antwort. Wer einen Stall voll hungriger Pferdemäuler vor dem inneren Auge sieht, will kein Geld. Er will Heu.

Das aber wohl kurioseste Erlebnis von nicht kalkulierbaren Nebenwirkungen des Heu-Nachkaufens bleibt hoffentlich ein Einzelfall: Es war ein Tag im März vor ein paar Jahren, als ich mit meinem Anhänger im Schlepptau in eines der etwas entfernter liegenden Dörfer fuhr – und aus dem Dorf tief hinein in die Wildnis. Vom Navi längst verlassen, fand ich immer der Nase nach das Gehöft. Nicht nur dessen Standort, sondern auch der wie Rübezahl auftretende Bewohner ließen es zu, dass ich mich mehr mit der Frage beschäftigte, wie das Heu-Angebot wohl auf Ebay-Kleinanzeigen gelandet war, als mich auf das zu konzentrieren, was vor meinen Augen geschah. Ein großer Fehler. Rübezahl holte seinen alten Traktor aus der Scheune, spießte einen der großen Quaderballen auf die Ballengabel und schob ihn mit ordentlich Druck auf den Pferdeanhänger. Dann zog er die Ballengabel aus dem Heu und ließ sie senkrecht abkippen, so dass sich ihre massiven Spieße durch die geöffnete Rampe des Vollpoly-Anhängers bohrten.

Leider erst in diesem Moment verlor ich jegliches Interesse an der Frage nach dem Weg der Kleinanzeige aus dem Nimmerland ins Worldwideweb. Mein Anhänger! Ich sah den Übeltäter fragend an. Rübezahl stieg vom Traktor, schaute auf die Rampe mit den daumendicken Einschlaglöchern, sah mich an und meinte: „Ja nun, aber jetzt hast du erst mal gutes Heu.“ Das war durch die Löcher in der Rampe nur allzu gut zu erkennen. Für satte, gesunde Pferde muss man eben manchmal einen gewissen Preis bezahlen.