Leseprobe: Irgendwann ist jetzt
Die Turnier-Krise – woher sie kommt und wie es weitergehen kann
Münster – Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Vergleich zu 2019 forderten im laufenden Turnierjahr 43 Prozent weniger Reiter eine sogenannte Schnupperlizenz für den Turnierstart bis zur Klasse E an. „Das ist dramatisch“, beurteilt Lucca Landfried aus der Abteilung Turniersport der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) diesen Rückgang. Die Zahl der Veranstaltungen ist von 2019 im Vergleich zu 2021 um etwa ein Drittel gesunken: von rund 3.000 Turnieren auf circa 2.000 Events. Der Turniersport steckt fraglos in der Krise. Doch warum reiten weniger Menschen Turnier? Warum richten weniger Vereine Turniere aus? Und lässt sich der Trend stoppen? Wir haben mit Veranstaltern, Verbänden und Reitern gesprochen.
Ein Blick auf die Turnierlandschaft in Deutschland macht eines klar: Die Schere zwischen sogenannten Vielveranstaltern und kleinen ländlichen Vereinen geht weiter auseinander. Die einen machen zig Veranstaltungen im Jahr, richten sich gezielt an Profis, aber auch an Reiter, die gewillt sind für ein Late-Entry, also ein Turnier unter der Woche, mehr Geld zu bezahlen. Diese Turniere haben eine professionelle Infrastruktur. Die anderen richten wenige Turniere aus, mit mehr oder weniger Erfolg. Doch dazu später mehr.
Die aktuelle Situation
Die Reitvereine stehen häufig vor einem großen Problem: „Sie haben es nicht leicht, Menschen zu finden, die sich im Ehrenamt engagieren wollen. Wir haben in der Gesellschaft einen Wandel: weg vom Wir, hin zum Ich. Deshalb funktioniert das Solidaritätsprinzip aus dem unsere Turnierlandschaft über Jahrzehnte gewachsen ist, nur noch bedingt“, meint Daniel Stegemann, der im Pferdesportverband Westfalen im Vorstand den Sport vertritt. Wenn niemand an der Einlasstafel stehen, Kuchen backen oder Protokoll schreiben möchte, kommt ein Verein in der Turnierorganisation an seine Grenzen, um nur wenige Punkte auf der langen Liste der Tätigkeiten der Ehrenamtlichen zu nennen.
Frustrierte Reiter
Gleichzeitig ist die Frustration vieler Reiter momentan hoch: Die Spritpreise machen die Fahrt zum Turnier eigentlich schon zum Luxusevent, weggefallene Preisgelder, Coronaabgaben, die jeder Veranstalter nach persönlichem Gutdünken festlegen kann, sowie der Kampf um die Startplätze bei NeOnMax tun ihr Übriges. Hinzu kommt ein Wandel in der Gesellschaft: Selbstoptimierung statt Wettkampf. „Vielen ist es wichtiger, innerhalb eines Jahres einen persönlichen Fortschritt zu erzielen, als sich mit anderen zu messen“, stellt auch Lucca Landfried fest und sagt: „Wenn die Menschen die Lust am Wettkampf verlieren, haben wir ein Problem.“ Friedrich Otto-Erley, Leiter der Abteilung Turniersport der FN, wird noch deutlicher: „Turniersport ist die Stütze des Pferdesports. Er muss zukunftssicher sein.“ Daher ist das Bestreben der FN hoch, den Turniersport zu reformieren und Veranstaltern Mut zu machen. Doch es ist gar nicht so einfach.
Überall Frustfaktoren
„Es gibt aktuell Frustfaktoren auf allen Seiten“, sagt Daniel Stegemann. Die Reiter erwarten auf dem Turnier perfekte Böden, Freundlichkeit überall, gute Verpflegung, faire Richter, gute Kommentierung – verständlicherweise. Denn Turniersport ist für Amateure Freizeit und die soll Spaß machen. Doch auch veranstaltende Vereine haben es nicht leicht.
Leseprobe: Auf neuen Pfaden Die Bande ist wie eine Leitplanke: Sie gibt Orientierung, aber man sollte sie möglichst nicht berühren. Die ersten Versuche auf dem zweiten oder dritten Hufschlag sind meist wackelig, aber wer sich traut und durchhält, wird belohnt. Womit, das erfahren Sie hier.Weg von der Bande!