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Das beste Futter für magere Pferde

Dünne Pferde rund füttern

Mager-Model, Klappergestell, Hungerhaken, Spargeltarzan – Dünnsein hat viele Namen und mindestens so viele Ursachen. Der Masterplan? Eine akkurate Ursachenforschung und eine gut durchdachte Speisekarte für Ihr Pferd.

Pferde brauchen Ruhe zum Fressen. Wer lange auf der Weide genüsslich malmen kann, neigt weniger zu Untergewicht.

Wenn das Pferd ein Spargeltarzan ist, mag sein Besitzer schon mal einen neidischen Blick zum Moppel in der Nachbarbox werfen. Bei dem ewigen Diät-Gerede – ja, viel zu viele Pferde sind zu fett – verdreht er die Augen. Denn sein Pferd kriegt nix auf die Rippen! Was tun? Und was heißt hier eigentlich „zu dünn“? Die meisten Pferdebesitzer verschätzen sich bei der Figurbeurteilung ihres Pferdes. „Viele verwechseln schlechte Bemuskelung mit schlechtem Futterzustand“, sagt Verena Göttler, Tierärztin an der Pferdeklinik Parsdorf bei München. Sie setzt auf ihr erfahrenes Auge und die alte Weisheit: „Die Rippen sollen nicht zu sehen sein, aber zu fühlen.“ Wichtig sei, auch Typ und Alter des Pferdes in die Beurteilung miteinzubeziehen.

Ist Ihr Pferd zu dünn?

Abtasten der Rippenpartie: Stehen die Rippen heraus, ist das Pferd zu dünn. Sie sollten nicht sichtbar, aber zu ertasten sein.

Der Body Condition Score: Beurteilung des Pferdes an sechs Körperstellen durch Fühlen und Sehen: Hals, Schulter, Rücken, Brustwand, Hüfte, Schweifansatz. Die Skala reicht von 1 (= ausgemergelt) bis 9 (= sehr fett). 5 ist das Idealmaß.

Waage: Das Team der mobilen Pferdewaage fährt durch die Republik und stellt Pferde auf die Waage. www.pferdewaage.de

Taschenrechner: Eine Methode, das Gewicht mit dem Maßband und folgender Formel zu ermitteln:

Brustumfang (in cm) x Brustumfang (in cm) x Körperlänge (in cm) : 11.877 = ungefähres Körpergewicht.

Haltungsbedingungen lassen Pferde abmagern

„Der Auftrag ‚Das Pferd ist zu dünn’ ist nicht gerade mein liebster“, gibt Verena Göttler zu. Der Aufwand ist groß, weil oft nicht nur eine Ursache dahintersteckt und diese herauszufinden „ist teils mühsame Detektivarbeit“. Göttler beginnt grundsätzlich damit, sich die Haltungsbedingungen des Pferdes anzusehen, denn sie ist überzeugt: „Ganz häufig ist der größte Stressfaktor ein anderes Pferd. Besonders in Offenställen.“ Die Rangordnung im Gruppenverband ist ein oft unterschätztes Problem. Manchmal sind die vermeintlichen Kumpels eigentlich keine – obwohl sich ihre Besitzer so gut verstehen. Für die Rangniedrigen bedeutet das Stress. Und Stress schlägt auf den Magen.

Weitere Fragen betreffen das Futter des Pferdes: „Ist die Menge, die das Pferd aufnimmt ausreichend, und ist es dafür zu dünn? Oder nimmt es zu wenig Futter auf, weil es beispielsweise zu wenig Appetit hat?“, beschreibt die Veterinärmedizinerin ihr Vorgehen. Und: Wann und wie wurde das Pferd das letzte Mal entwurmt – sind Endoparasiten die Übeltäter?

Sind diese Fragen geklärt und liefern vielleicht keine Antworten, stellt Göttler das Pferd tiermedizinisch auf den Kopf: Sie untersucht Maulhöhle und Zähne, den allgemeinen Gesundheitszustand von Herz, Lunge und Lymphknoten. Auch ein Blutbild kann weiterhelfen, allerdings „ist dies nicht so erfolgversprechend, wie man sich das immer vorstellt“. Es kann jedoch Hinweise geben, vielleicht eine Richtung aufzeigen, wo man weitersuchen muss. Eine Schnitzeljagd der besonderen Art. Medizinische Gründe für Abmagerung können Nierenprobleme sein, Selenmangel, „das ist bei uns in Bayern wegen der selenarmen Böden ein Thema“, oder Magengeschwüre.

„Ich bin auch überzeugt, dass chronischer Schmerz abmagern lässt. Und chronischer Schmerz kann durch orthopädische Probleme, zum Beispiel eine Arthrose, entstehen“, sagt die Tierärztin.

Gar nicht selten ist die Intestinale Malabsorption. „Das sind Pferde, die aufgrund von Entzündungen hauptsächlich im Dünndarm keine Glukose, also Zucker, aufnehmen. Die fressen wie verrückt, aber sie können es nicht verwerten“, erklärt Verena Göttler. Ein Glukose-Toleranz-Test klärt auf: Der Tierarzt kippt über eine Nasenschlundsonde Glukose in den Magen und misst dann in bestimmten Abständen, wie viel Glukose im Pferd ankommt. Bei diesen Pferden müsse man das Futter komplett umstellen, von kohlenhydratreicher Getreidefütterung auf fetthaltige Ernährung.

Ist das Pferd zu dünn, sind die Rippen deutlich zu sehen.

Masterplan für Mager-Models

• Heu ad libitum; empfohlene Menge: mindestens 1,5 Prozent des Körpergewichts – bei einem 600- Kilo-Pferd macht das 9 Kilo Heu!

• Heu vor Kraftfutter füttern!

• Am besten Heu aus der Frühernte!

• Viele kleine Rationen an getreide- und fettreichem Futter!

• Appetitmacher anbieten: Mash, Melasse, Malzbier, Weizenkleie, Bierhefe!

Durchdacht Füttern

Das Aufpäppeln funktioniert – wenn Stressfaktoren und Erkrankungen abgehakt sind – über eine durchdachte Fütterung. Die fängt mit gutem Heu an. Noch immer wird in vielen Ställen das Kraftfutter vor dem Raufutter gegeben. Andersherum ist es besser: Denn durch das Raufutter stellt sich der Verdauungstrakt auf die Futterverwertung ein, die Enzyme im Dünndarm sind gewappnet und können das nachfolgende Kraftfutter besser verwerten.

  • Raufutter
„Tierartgerecht füttern bedeutet nicht nur ausreichend Nähr- und Wirkstoffe zu füttern, sondern auch die Fressdauer einzubeziehen: Zwölf bis 16 Stunden am Tag kommt der Herkunft des Pferdes nahe“, verdeutlicht Professor Dr. Dirk Winter von der Hochschule Nürtingen. Genügend Raufutter sorgt für eine lange Fressdauer, bessere Speichelbildung, Magengesundheit und Verwertung des Kraftfutters. Letztendlich hat sie einen positiven Effekt auf die körperliche Entwicklung. „Wir gehen davon aus, dass wir eine Raufutterlage zur Verfügung stellen müssen von mindestens 1,5 Prozent des Lebendgewichts. Einem 600-Kilo-Pferd sollten Minimum neun Kilogramm Heu gefüttert werden. Plus Krippenfutter. Ohne Kraftfutterzusatz muss ich diesem Pferd eher zwölf oder 13 Kilo Heu füttern. Das ist eine ganze Menge und vielen Pferdehaltern nicht unbedingt klar“, so Winter.
  • Viele kleine Krippen-Mahlzeiten
Ein Pferd im Hochleistungssport hat einen anderen Energiebedarf als ein Freizeitpferd. Auf Gutdünken die doppelte Menge in den Trog zu werfen, wirft Probleme auf. „Mehr als ein Gramm Stärke pro Kilogramm Lebendmasse und Mahlzeit kann das Pferd nicht verdauen. Beim 600 Kilo-Pferd sind das 600 Gramm Stärke pro Mahlzeit – nicht viel, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel das Kilo Hafer einen Stärkegehalt von 400 Gramm hat“, erklärt Futterxperte Winter. Aber Pferde, die dünn sind oder hohe Leistung erbringen, benötigen mehr Energie, also mehr Futter. Die Lösung: „Die Rationen verkleinern und häufiger füttern. Also nicht nur zwei bis drei Mahlzeiten, sondern vier bis sechs.“
  • Mais & Gerste
Beide Getreidesorten sind sehr stärkereich, aber in unbehandelter Form nur schwer verdaulich. „Bei unter 30 Prozent liegt die Stärkeverdaulichkeit bei Mais als ganzes Korn, in Form von Bruchmais oder auch bei unbehandelter Gerste. Das heißt, die erhoffte Energiezufuhr bleibt aus und noch dazu kann es im Dickdarm zu Fehlgährungen und Verdauungsstörungen, auch zu Hufrehe und Koliken kommen“, warnt Dirk Winter. Besser sind Mais und Gerste in thermisch behandelter Form, als Flocken, gepoppt oder in Müsli zugesetzt.
  • Appetitmacher

Malzbier, Mash, Weizenkleie, Melasse schmecken dem Pferd, regen den Appetit an und verhelfen mäkeligen Pferden zu besserer Futteraufnahme.

  • Öl
Fett ist Energieträger und sollte bei der Fütterung dünner Pferde nicht fehlen. „Beispielsweise Öl, das macht Sinn, weil hier keine Proteine enthalten sind, dafür aber ein Brennwert von 39 Kilojoule pro Gramm! Maximal ein Milliliter pro Kilo Lebendmasse und Tag sollte man geben – das ist schon eine große Menge!“, sagt Dirk Winter. Welches Öl Sie nehmen, bleibt dem Geschmack Ihres Pferdes überlassen. Hauptsache, es ist pflanzlich. Das Sonnenblumenöl aus dem Discounter erfüllt seinen Zweck genauso wie das kalt gepresste Leinöl.
  • Bierhefe
„Bierhefe kann man gut einsetzen, sie hat einen relativ hohen Vitamin-B-Gehalt, aber auch einen hohen Eiweiß-Gehalt. Hier kann man eine gewisse Menge füttern, etwa 50 Gramm pro 100 Kilo Körpermasse und Tag. Die Nachteile liegen im hohen Proteingehalt. Wenn Protein über den Bedarf hinaus gefüttert wird, wird es im Dickdarm zu Ammoniak umgewandelt, dass in der Leber inaktiviert werden muss und belastet“, so Winter.
Bierhefe kann bei der Fütterung von dünnen Pferden sinnvoll sein.

Drei Fragen an Claudia Nordhoff

Die Bierhefe-Studie

Im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang Agrar- und Lebensmittelsicherheit an der Hochschule Osnabrück hat sich Claudia Nordhoff mit einem Ergänzungsfuttermittel auf Bierhefe-Basis beschäftigt. Zwölf Wochen lang begleitete sie 20 Pferde im Alter zwischen 2,5 und 3,5 Jahren in der Phase des Aufstallens, der Futterumstellung und des Anreitens – typische Stress-Situationen für junge Pferde. Im Blickpunkt standen verschiedene Kotparameter, der Allgemeinzustand der Pferde, Gewicht, Body Condition Score und die Unterhautfettdicke.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus Ihrer Studie?

Die Bierhefegruppe zeigte unterm Strich eine höhere körperliche Zunahme als die Kontrollgruppe. Wobei im Körpergewicht und subjektiv betrachtet der Unterschied nicht stark aufgefallen ist. Signifikant waren aber die Werte der Unterhautfettdicke, die wir per Ultraschall gemessen haben.

Inwiefern könnte Bierhefe auch für dünne Pferde hilfreich sein?

Bei schwerfuttrigen, dünnen Pferden oder auch bei Pferden in besonderen Situationen, wie Stallwechsel oder Fellwechsel, kann Bierhefe die Verdauung unterstützen. Das Kraftfutter kann besser verwertet werden. Wir haben festgestellt, dass die Pferde aus der Bierhefe-Gruppe eine längere Fressdauer hatten, die Pferde speicheln das Futter besser ein. Der Futterbrei wird so schluckfähiger, die Magensäure wird abgepuffert und später können die Verdauungssäfte besser in den Futterbrei eindringen. Beim Reiten waren diese Pferde auch tendenziell losgelassener.

Welche Grenzen gibt es bei der Bierhefe-Fütterung zu beachten?

Man muss generell die Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln der Deutschen Reiterlichen Vereinigung im Blick haben. Dort wird empfohlen, Turnierpferden nicht mehr als 150 Gramm reine Bierhefe pro Tag zu geben. Der Hordenin-Wert (Anm. d. Red.: große Mengen Hordenin haben eine aufputschende, stimulierende Wirkung) kann ansteigen, wenn dem Pferd dann zusätzlich Malzkeime oder auch schlecht gelagerte, feuchte Gerste gegeben werden.