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Was Pferdeäpfel über die Gesundheit des Pferdes verraten

Der Pferdeapfel ist mehr als nur ein Fall für den Misthaufen, er ist objektiver Berichterstatter und Radar über das Befinden des Pferdes. Hier erfahren Sie alles über den Kot-Code – wetten, Sie schauen sich den nächsten Haufen Ihres Pferdes genau an!

Pferdeäpfel im Visier. Wie ist die Farbe, ihre Struktur und ihr Geruch?

Plopp, plopp, plopp. Da liegt er nun der Haufen. Keine Wurst wie beim Hund, sondern mehrere runde Ballen: die Pferdeäpfel. Und die haben was zu sagen. Denn sowohl ihre Farbe, Form oder Konsistenz als auch ihr Geruch verraten einiges über den Gesundheitszustand des Pferdes, über sein Seelenleben, seine Fütterung, seine Haltung. Nichts als die Wahrheit ist das also, was das Pferd uns tagtäglich vor Augen äppelt.

Der Pferdeapfel eines gesunden mittelschweren Pferdes hat in etwa die Größe einer Nektarine. Je kleiner das Pferd, desto kleiner seine Kotballen. Der frische Pferdeapfel glänzt, ist gleichmäßig faserig und riecht deutlich aromatischer als der Kot von Fleischfressern. Er ist braun mit einem Grünstich, was man bei einem Pflanzenfresser genauso erwartet. Wenn alles richtig läuft.

20 bis 40 Kilogramm Kot produziert das Pferd täglich. Weidegang steigert die Äppelproduktion.

Denn allein die Fütterung kann den Kot verändern. Tierärztin Dr. Yvonne Ehrenfels aus Dossenheim beschreibt typische Veränderungen: „Strohkot ist beispielsweise eher hell und gelblich, seine Konsistenz ist recht trocken und fest. Weidepferde haben einen dunkleren und saftigeren Kot und häufig mehr Kotwasser, aber in Maßen.“

Apropos Kotwasser: Das tritt vor und nach dem Äppeln immer aus, mal mehr, mal weniger. „Das ist Wasser, das durch zusammenpressen der Pferdeäpfel im Enddarm entsteht“, erklärt Dr. Malte Harland von der Pferdeklinik Mühlen. „Kotwasser in dem Maße ist medizinisch nicht relevant, nur für den Pferdebesitzer ist es ärgerlich, weil es die Hinterbeine dreckig macht.“ Vermehrt auftretendes Kotwasser ist schon eher einen zweiten Blick wert. Ursachen wie Stress und die Haltung spielen eine Rolle. Oder die Fütterung. Bestes Beispiel: die getreidereiche, heuarme Fütterung, die nämlich zu vermehrtem Kotwasser führt, und die Ausscheidung heller und weicher werden lässt. Oder steckt doch eine Erkrankung des Verdauungstraktes dahinter?

Normal geformt, wenig geformt, trocken und klein – der genaue Blick auf den Pferdeapfel lohnt sich, denn er zeigt, wenn etwas im Bauch nicht stimmt.

Die ersten Vorboten

Der Pferdekot schickt erste Warnsignale. Mit dem typischen Strohkot gehen beispielsweise oft auch Verstopfungen einher, berichten die Experten. Die kleinen festen Ballen sind die Vorboten. Oder das „Kot-Bild“ verhält sich genau andersherum: in Form von Durchfall. Ein trügerisches Bild oft in Kombination mit Kolik. „Kotwasser drückt sich in dem schlauchartigen Darm um die Verstopfung herum und erscheint dem Besitzer als Durchfall.“ Ist die Verstopfung hingegen bereits überstanden, sind Bestandteile der Darmschleimhaut in glitschige Fäden am Pferdekot zu sehen, als wäre er in einer Plastikhülle verpackt. Sind im Kot vollständige Körner und lange Halme zu sehen, liegt die Problematik eher ganz weit vorne: bei den Zähnen des Pferdes, die das Futter nicht mehr ausreichend zerkleinern. Ein weiteres Kot-Bild, das aufhorchen lassen sollte: „Wenn der Kot sehr dunkel ist und altes Blut darin zu erkennen ist. Das spricht für eine Magen- oder Darmschleimhautentzündung“, sagt Dr. Malte Harland.

Deutlicher Schleim ummantelt diese Pferdeäpfel: Es sind Darmzellenablagerungen verursacht durch eine Verdauungsstörung im Enddarm.

Und wenn einen die Würmer im Kot begrüßen? „Wenn Parasiten im Kot sichtbar sind, kommen sie dem Pferd eigentlich schon zur Nase raus. Sprich, dann ist das Pferd sehr stark verwurmt“, bringt es Dr. Ehrenfels auf den Punkt und ergänzt: „Ansonsten sind Parasiten nicht unbedingt sichtbar und das Pferd kann trotzdem verwurmt sein.“ Einen Extremfall an Verwurmung geht der Tierarzt vorsichtig an. „Denn eine starke Wurmkur könnte zu Krämpfen, also zu Kolik führen. Oder zu einer Vergiftung: Die Würmer sterben durch die Wurmkur im Darm ab, dabei scheiden sie Giftstoffe aus. In großen Mengen ist das gefährlich. Genauso bedenklich ist ein Wurmknoten, wenn also sehr viele Würmer an einer Stelle absterben. Dieser Knoten verstopft den Darmgang“, beschreibt Dr. Harland. In solchen Fällen rät er deshalb besser zweimal zu entwurmen, zunächst mit einer milderen Wurmkur, dann mit einer stärkeren.

Eine Kotprobe macht Parasiten – ob mit dem bloßen Auge erkennbar oder nicht – sichtbar. Aber auch Keime, „zum Beispiel die Bakterien, die zu Blähkoliken führen, lassen sich ausfindig machen“, sagt Tierärztin Ehrenfels. Private Labore, Parasitologische Institute einiger Unikliniken, die Lufa Nord-West beispielsweise aber auch Tierkliniken bieten Kotuntersuchungen an. „Tatsächlich kann man die Kotprobe am besten bei seinem Tierarzt abgeben“, sagt Dr. Harland. „Damit er sich selbst ein Bild von Farbe, Geruch und Konsistenz des Kots machen kann und nicht nur das Ergebnis in Papierform erhält.“ Seine Kollegin Dr. Ehrenfels sieht das ähnlich und beschreibt, wie der Pferdebesitzer die Kotprobe abgeben sollte: „Früher hat man noch Sammelkotproben von mehreren Tagen genommen. Heute gibt man möglichst frischen, maximal einen Tag alten Kot ab, luftdicht verpackt in einer Plastiktüte oder im Marmeladenglas. Wir schicken es samt Befundbogen weiter ans Labor und am nächsten Tag haben wir das Ergebnis.“ 24,50 Euro kostet dann, laut Dr. Ehrenfels, die einfache parasitologische Untersuchung, die detaillierte mit genauer Eizählung ist knapp fünf Euro teurer.

Auch der pH-Wert, der Teil der Ursachenforschung bei Verdauungsstörungen ist, ist mit der Kotprobe feststellbar. „Der Pferdebesitzer kann ihn aber auch selbst ganz einfach messen“, sagt Dr. Harland. Den Kotballen aus dem Haufen wringt man über einem pHMessstreifen aus der Apotheke aus. „6,5 sollte der Wert betragen“, sagt der Veterinärmediziner und gibt Tipps im Falle von leichten Abweichungen. „Ist er niedriger kann der Pferdebesitzer Bierhefe füttern, 50 Gramm pro 100 Kilogramm Lebendgewicht. Ist der pH-Wert höher kann man Joghurt-Laktobazillen geben. Da gibt es keine Mengenempfehlungen, aber mit einem Becher Naturjoghurt morgens und abends kann man schon viel erreichen. Oder durch Futter mit effektiven Mikroorganismen, um die Darmflora zu unterstützen.“

60 bis 80 Prozent der Immunleistung des Pferdes wird von der Darmflora abgedeckt.

Es stinkt zum Himmel

Sand im Kot lässt sich mit einfachen Mitteln ebenfalls leicht nachweisen: Ein paar Pferdeäpfel über den Tag verteilt einsammeln, in ein durchsichtiges Glas geben und Wasser einrühren oder einen transparenten Gummihandschuh mit den Pferdeäpfeln und etwas Wasser befüllen. Spätestens am nächsten Tag erkennt man am Glasboden beziehungsweise in den Fingerspitzen die Sandschicht, die sich unten abgesetzt hat. „Sand im Kot ist medizinisch relevant. Denn er reibt an der Darmschleimhaut, er setzt sich dort ab. Bauchfellentzündungen, Darmentzündungen mit Fieber und Kolik einhergehend sind die Folge“, sagt Harland. Flohsamen helfen, den Sand im Darm zu binden und so nach außen zu tragen – und Schlimmeres zu verhindern.

Ob ein Pferdeapfel nun aromatisch riecht oder nicht, ist sicherlich Geschmackssache. Wenn der Geruch aber säuerlich und scharf wird, dann ist das keine Streitfrage, sondern Zeit, den Gestank zu hinterfragen. „Erst mal muss man dann von Fehlgärungen ausgehen und die entstehen durch Fütterungsfehler“, sagt Dr. Yvonne Ehrenfels. Zu viel Kraftfutter, die Fütterung von Heulage oder gar Silage können die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen. Auch bei einer Magenschleimhautentzündung wird es durch die folgenden Fehlgärungen im Blinddarm unangenehm für die Nase, das Pferd hat Durchfall, der pHWert ist extrem niedrig (etwa bei 2).

Wie lange es dauert, bis sich der Verdauungstrakt des Pferdes von solchen Problemen erholt, lässt sich pauschal nicht sagen. „Magenprobleme dauern länger als einfaches Kotwasser“, sagt Dr. Ehrenfels. „Aber man sollte nicht in Tagen oder Wochen denken, sondern besser in Monaten. Von drei bis vier Monaten kann man immer ausgehen.“ Und im Extremfall dauert es über ein Jahr bis sich die Darmzotten regenerieren.

75 Prozent des Pferdekots ist Wasser.

„Für mich ist jede Veränderung dann besorgniserregend, wenn sich gleichzeitig das Verhalten des Pferdes ändert, wenn es beispielsweise nervöser, unruhiger ist“, sagt Dr. Harland. „Das kann dafür sprechen, dass schon eine Entzündung im Darm vorliegt.“ Genauso sind Appetit- und Teilnahmslosigkeit oder Abmagerung ein Indiz, dass im Bauch des Pferdes etwas nicht stimmt. Oder wenn der Pferdeapfel über mehrere Tage kein Apfel mehr ist, sondern wässriger Brei, also Durchfall.

Eine veränderte Kotfarbe oder Konsistenz ist also nicht gleich ein Drama. Aber der Pferdeapfel ist objektiver Berichterstatter. Er sagt nichts als die Wahrheit über den aktuellen Stand der Verdauungsdinge.

Tierärztin

Dr. Yvonne Ehrenfels

Fachtierarzt für Pferde

Dr. Malte Harland