Leseprobe
Was der Geruch des Pferdes aussagt: Hilfe - mein Pferd stinkt!
"Ich liebe es, morgens ganz allein im Stall zu sein, alles ist ruhig und es duftet nach Heu und nach Pferdefell.“ Eine Passage, die in jedem Pferdemädchenbuch vorkommen könnte und die bestimmt jeder Reiter schon einmal selbst gesagt oder wenigstens gedacht hat. Denn eines ist klar: Es ist vor allem der Geruch, den sich unser Unterbewusstsein einprägt und der besonders stark Emotionen und Erinnerungen hervorrufen kann. So ist es kein Wunder, dass man auch nach jahrelanger Pferde-Abstinenz den Geruch eines Pferdestalls sofort wiedererkennt und in der Regel positiv assoziiert.
Dass Pferde eher duften als zu stinken, ist nicht nur eine verklärte Schwärmerei pferdeverrückter Mädels, sondern auch das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung. In einem Gutachten, das die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) und das Bayerische Landesamt für Umwelt in Auftrag gegeben haben, sollte die Geruchsbelästigung von Pferdeställen, Milchvieh-Betrieben und Mastbullen-Betrieben untersucht werden, um daraus Richtlinien für Bauvorhaben in der Nähe von Wohngegenden erarbeiten zu können. Dabei kam heraus, dass im Vergleich mit Rindern und anderen Nutztieren der Geruch von Pferden eher als Duft denn als Gestank wahrgenommen wird. Eine Begründung, warum Pferde angenehmer riechen als andere Nutztiere, liefert das Gutachten auch gleich mit. Bedingt durch die Haltungsform von Pferden sind deren Stallungen nämlich in aller Regel gut gepflegt: Boxen werden täglich gemistet, Stallgassen gut durchlüftet, Futter fachgerecht gelagert.
Das hat auch Auswirkungen auf das Pferd selbst. Dr. Anja Kasparek, Tierärztin und Leiterin der Pferdeklinik Aschheim bei München, erklärt: „Wenn ein Pferd unangenehm riecht, hängt das häufig mit der Hygiene im Stall zusammen.“ Angefangen bei der Einstreu: Wird sie nicht sauber und trocken gehalten, entwickeln sich Fäulnisprozesse in der Matratze, die schnell stinken. Das gilt auch für abgestandenes Wasser auf dem Paddock, das gemischt mit Pferdeäppeln und Urin rasch umkippt und zu faulen beginnt. Wälzt sich nun das Pferd im Dreck, riecht das gesamte Tier danach. Und schlimmer: „Irgendwann nimmt die Haut des Pferdes diesen strengen Geruch an. Dann kann man noch so viel putzen oder waschen, das Pferd wird trotzdem unangenehm riechen“, ergänzt Kasparek.