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Drei Fragen an Tierarzt Dr. Ulrich Mengeler

Pferde prophylaktisch inhalieren lassen

Ob Influencer oder Stallkollege. Viele Reiter lassen ihre Pferde prophylaktisch inhalieren – ganz ohne tierärztliche Anordnung. Doch ist prophylaktisches Inhalieren wirklich hilfreich? Oder sogar schädlich?

Freie, gesunde Atemwege benötigen prophylaktisch kein Inhalieren.

Ist es unbedenklich, Pferde prophylaktisch inhalieren zu lassen?

Dr. Ulrich Mengeler: "Inhalieren macht nur dann Sinn, wenn der Tierarzt es aufgrund von chronischen Atemwegsbeschwerden oder einer Erkrankung anordnet. Denn es gibt Unterschiede: Beispielsweise wird ein Asthmatiker mit erheblichen Schleimansammlungen in den Atemwegen nicht mit derselben Therapie behandelt wie ein Pferd, bei dem nur eine reaktive entzündliche Schwellung vorliegt. Grundsätzlich unterstützt Inhalieren Selbstreinigungsprozesse. Durch osmotische Effekte (Anm. d. Red.: das Salz bindet Flüssigkeit) löst sich festsitzender Schleim zum Abtransport. Bei einem kranken Pferd macht Inhalieren auf alle Fälle Sinn, bei einem chronisch kranken Pferd ist die Inhalation sogar essentiell. Einfach mal zu inhalieren, weil man Bedenken vor einer Erkrankung hat, ist nicht zielführend! Denn falsches Inhalieren hat keine nützliche Wirkung. In den meisten Fällen führt Inhalieren allein nicht zum Ziel. Wichtig ist eine auf das Pferd angepasste Behandlung. Salzlösungen unterstützen die Verflüssigung des Schleims. Sollte zusätzlich eine Entzündung nachgewiesen sein, kann diese mit dem entsprechenden Medikament mitbehandelt werden. Erst dann erzielt die Inhalation die bestmöglichste Wirkung. Um eine wirkungslose Therapie zu vermeiden, sollten Dauer der Inhalation, Frequenz, Dosierung und auch die Art der Inhalationslösung mit dem Tierarzt festgelegt werden."

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Womit kann ein Pferd inhalieren?

Dr. Ulrich Mengeler: "Es gibt Inhalationslösungen mit unterschiedlichem Salzgehalt. Er beträgt bei einer herkömmlichen Kochsalzlösung aus der Apotheke 0,9 Prozent. Eine Emserlösung gibt es mit bis zu 2,5 Prozent und eine Sole kann auch mit einem Salzgehalt von bis zu zwölf Prozent verabreicht werden. Womit jedoch genau inhaliert werden sollte, hängt ganz von der Diagnose ab. Eine Atemwegserkrankung mit zähem, dickflüssigem Schleim benötigt eine höher konzentrierte Sole. Eine gering konzentrierte Kochsalzlösung ist in so einem Fall wirkungslos. Sole kann auch als Wellnessbehandlung gesehen werden. Eine vierprozentige Sole entspricht in etwa einer frischen Nordseebrise. Diese schadet keinem – sie bringt aber nur dann was, wenn das Pferd zufällig eine Verschleimung hat."

Gibt es negative Auswirkungen, wenn prophylaktisch inhaliert wird?

Dr. Ulrich Mengeler: "Inhalieren an sich ist nicht schädlich für das Pferd. Die Gefahr besteht vielmehr darin, dass sie Symptome verwischt, eine Atemwegserkrankung so unentdeckt bleibt und sich verschlimmert. In einigen Fällen können die Symptome unterschiedlicher Krankheiten sehr ähnlich sein. Beim Abhorchen der Atemwegsorgane kann nur schwer eine Aussage über die Konsistenz des Schleims gemacht werden – denn er macht keine mechanischen Rasselgeräusch. Nur eine Bronchoskopie oder andere klinische Untersuchungen schaffen dann Klarheit. Häufig beobachte ich, dass Pferdebesitzer ihre Pferde über Wochen hinweg inhalieren lassen, ohne dass die Inhalation gewirkt hatte, da die Krankheit zuvor nicht vom Tierarzt gründlich diagnostiziert und somit auch nicht effektiv behandelt wurde. Als Wellnessbehandlung ist Inhalieren unbedenklich. In seiner Anschaffung jedoch sehr kostspielig."