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Einsatz von Ammenstuten zur Aufzucht von Waisenfohlen

Ersatzmama gesucht

Wenn die Stute bei der Geburt stirbt, ist auch das neugeborene Fohlen in Gefahr. Eine Ersatzmutter muss her! Was es zu beachten gilt und wie Sie sich am besten vorbereiten.

Bewährte Zuchtstuten entwickeln am ehesten Muttergefühle für fremde Fohlen.

Ein Aufatmen, Erleichterung macht sich breit – das Fohlen ist da! Die Geburt ist überstanden, doch was ist, wenn die Stute nicht genügend Milch hat, gar das Fohlen nicht annimmt? Oder wenn die Stute im schlimmsten Fall sogar bei der Geburt des Fohlens stirbt?

Wird ein Fohlen zum Waisenkind, gibt es die Möglichkeit, es mit einer sogenannten Ammenstute zu vereinen. Eine Ammenstute ist eine Stute, die genug Milch produziert, um ein fremdes Fohlen zu ernähren beziehungsweise deren eigenes Fohlen verstorben ist und die deswegen als Ersatzmama für ein Waisenfohlen dienen kann. Wir haben für Sie die wichtigsten Eckdaten rund um das Thema Waisenfohlen und Ammenstuten zusammengestellt.

Vorbereitung auf den Ernstfall

Ist das Fohlen erstmal da, braucht es dringend Milch. In den ersten zwei Stunden, nachdem es das Licht der Welt erblickt hat, muss das Fohlen Kolostralmilch erhalten. So schnell lässt sich oft keine Ammenstute finden. „Was jeder Züchter und zukünftige Fohlenbesitzer im Vorfeld tun kann, ist, der Stute Kolostrum abzunehmen. Wenn man mehrere Stuten hat, kann man so auf jeden Fall ein Polster schaffen. Und Kolostrum ist auch drei bis vier Jahre haltbar“, rät Ingrid Wiegmann vom bundesweiten Fohlennotdienst „Ammenstuten Deutschland“. Um dem Fohlen einen sicheren Start ins Leben zu garantieren, sollten Züchter also jeder Stute, die Milch hat, ungefähr 100 bis 200 ml Kolostrum abnehmen, um eine Reserve zu haben. „Natürlich ist es auch sinnvoll, einige Nuckelflaschen im Haus zu haben“, ergänzt Brigitte Forstner, die das Projekt „Waisenfohlen“ ins Leben gerufen hat. Hier sollte man allerdings darauf achten, keine Kälbernuckel, sondern Lämmernuckel zu nehmen. Zusätzlich sei es noch sinnvoll, Fohlenmilch auf Vorrat zu kaufen oder sich für den Ernstfall zu erkundigen, wo man am schnellsten Fohlenmilch bekommt, so Ingrid Wiegmann. Zur guten Vorbereitung gehört auch, dass wichtige Nummern von Tierärzten oder Ammenstutenvermittlern parat liegen, sodass im Ernstfall nur nach dem Telefonhörer gegriffen werden muss.

Die erste Milch ist sehr wichtig für ein neugeborenes Fohlen.

Kolostralmilch …

auch Kolostrum oder Biestmilch, ist die erste Milch, die eine Stute produziert. Sie ist sehr wichtig für das Abwehrsystem des Fohlens, denn die Milch enthält neben Eiweißen, Vitaminen und Mineralstoffen auch die Antikörper der Mutter.

Sind die ersten Stunden überstanden, kann sich der Fohlenbesitzer nach einer Ammenstute umsehen. Als erste Anlaufstelle eignet sich der Fohlennotdienst „Ammenstuten Deutschland“, denn hier werden Besitzer direkt beraten und der Notdienst ist gut vernetzt mit Kliniken und Züchtern. Brigitte Forstner rät außerdem dazu sich auf sozialen Netzwerken wie Facebook umzusehen. Ingrid Wiegmann steht dem allerdings kritisch gegenüber: „Wenn dort jemand schreibt, dass er ein Waisenfohlen hat, ist vielleicht ein einziger hilfreicher Kommentar dabei.“ Die meisten würden nur mitteilen, wie Leid ihnen doch das Fohlen täte.

Dabei ist es gerade bei neugeborenen Fohlen, die keine Pferdegesellschaft haben, unglaublich wichtig, dass schnell eine Ammenstute gefunden wird. Nicht nur für die Milchzufuhr, sondern in erster Linie für den sozialen Kontakt. „Ein Fohlen muss in Gesellschaft mit anderen Pferden aufwachsen. Dafür eignet sich ein anderes Waisenfohlen oder ein Wallach, der das Fohlen akzeptiert genauso gut, wie eine Altstute, die Erfahrung mit der Aufzucht hat“, stellt Ingrid Wiegmann klar. Genau wie Brigitte Forstner, ist die „Fohlenretterin“ der Meinung, Handaufzucht mit der Flasche in Gruppen von mehreren Waisenfohlen sei eine mögliche Alternative.

Wichtige Telefonnummern:

Ammenstuten Deutschland, Vermittlung von Waisenfohlen und Ammenstuten durch Ingrid Wiegmann – 0173/5151395

Stall Otte in Damme, Aufnahme von Waisenfohlen und Aufzucht in der Gruppe – 0172/9071738

Neue Mama, neue Familie

Nicht alle Stuten eignen sich gleich gut als Amme. Zuchtstuten entwickeln am ehesten Muttergefühle für fremde Fohlen. Aber auch Stuten, die zum ersten Mal ein Fohlen bekommen, gewöhnen sich besser an ein neues Fohlen. Voraussetzung sei aber auf jeden Fall eine sehr gute Sozialisation, sagt Brigitte Forstner. Die Stute soll dem Fohlen schließlich ein gutes Vorbild sein. Die Rasse spielt keine Rolle. Einzig die Größe zwischen Stute und Fohlen muss in einem passenden Verhältnis stehen. Das Fohlen sollte das Euter der Stute gut erreichen können.

Wurde eine neue Mutter ausfindig gemacht, bedeutet dies aber nicht, dass alle Probleme gelöst sind. Erstmal muss die Chemie zwischen Stute und Fohlen stimmen. Hier kann manchmal auch ein bisschen Nachhilfe nötig sein. So helfe es, nach der Geburt des Fohlens ein Stück Eihaut einzufrieren. Stirbt das Fohlen und gibt es ein Waisenfohlen, das die Stute übernehmen könnte, könne man das fremde Fohlen mit der Eihaut abreiben. Doch die Stuten reagieren nur in den ersten Tagen auf die Botenstoffe der Eihaut, danach nicht mehr, so Ingrid Wiegmann. Für ein erstes Kennenlernen sollte das Fohlen zur Stute kommen. Für die Stute sei es oft schwieriger aus der gewohnten Umgebung genommen zu werden, als für das Fohlen, sind sich beide „Fohlenhelferinnen“ einig. Um zu sehen, wie sich Ersatzmama und Waisenkind vertragen, stellt man die beiden unter Aufsicht zusammen. Bis sie sich aneinander gewöhnen, kann es durchaus zwei, drei Tage dauern. Ingrid Wiegmann erinnert sich sogar an einen Fall, wo sechs Tage nötig waren. Hier ist also Geduld, Zeit und vor allem Ruhe gefragt. Tritt die Stute dem Fohlen gegenüber aggressiv auf, beißt nach ihm und tritt es, dann ist das ein deutliches Zeichen, dass sie noch nicht bereit ist, ein fremdes Fohlen zu akzeptieren.

Verhandlungssache

Vertragen sich Stute und Fohlen, dürfen sie nicht mehr getrennt werden. Die beiden Besitzer sollten sich also schon vorher einig werden. Damit es nicht an dem Punkt scheitert, rät Ingrid Wiegmann dazu eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Am besten klären Stuten- und Fohlenbesitzer im Vorfeld Dinge wie „Wer geht wohin?“ und „Wer möchte was dafür haben?“ ab. Auch sollte die Not der Fohlenbesitzer nicht finanziell ausgenutzt werden. Das Arrangement birgt im Grunde genommen für beide Seiten Vorteile. Wenn Stuten ein Fohlen verloren haben, dann geben sie sich oft auf und ziehen sich emotional zurück. Können sie sich an ein neues Fohlen gewöhnen, hilft ihnen das, um wieder in den Zyklus zu kommen und neuen Lebensmut zu fassen.

Ammenstuten sollten gut sozialisiert sein, um ein fremdes Fohlen aufzuziehen.
Das Beschnuppern stellt die erste Kontaktaufnahme zwischen Stute und Fohlen dar.