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Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Druse: hochansteckend und schlimmstenfalls tödlich

Immer wieder lassen Druse-Erkrankungen Reiter aufhorchen. Obwohl es keine Anzeige- oder Meldepflicht in Deutschland gibt, werden Fälle bekannt. Hier lesen Sie, wie Sie eine Ansteckung Ihres Pferdes verhindern können.

Geschwollene Lymphknoten am Kopf können auf Druse hinweisen.

"Die Druse ist mit einer schlimmen Mandelentzündung beim Menschen zu vergleichen“, sagt Dr. Henrike Lagershausen, Leiterin der Abteilung Veterinärmedizin der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Möchten Sie einem Menschen mit Mandelentzündung nahe kommen? Sicher nicht, Küssen ist definitiv verboten. Und das gilt auch fürs Pferd. Der direkte Kontakt zu Artgenossen sollte unterbunden werden, um eine Ansteckung zu vermeiden. So lautet eine der Empfehlungen für den Umgang mit der Erkrankung Druse, die sich durch Fieber, Nasenausfluss, Husten und vor allem geschwollene, mit Eiter gefüllte Kopf-Lymphknoten zeigt.

Empfohlene Verhaltensweisen bei Druse gibt es, aber keine rechtlichen Vorschriften. Genauso wenig wie Konsequenzen für Pferdehalter, die beispielsweise mit einem kranken Pferd auf eine fremde Anlage fahren. Wer mit einem Druse-Patienten oder einem Pferd aus einem betroffenen Betrieb zum Turnier fährt, kann laut Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) aber zur Verantwortung gezogen werden. Dennoch handeln manche grob fahrlässig und verlassen den eigenen Betrieb. Reiter Revue International hat nachgefragt, wozu das führen kann und wie Sie Ihre Pferde vor dem Erreger Streptococcus equi subspezies equi schützen können.

Die Behörden sind außen vor

Um Maßnahmen vorschreiben zu können, muss eine Erkrankung anzeige- oder meldepflichtig sein. Beide Begriffe haben unterschiedliche Bedeutungen: Anzeigepflichtige Tierseuchen werden mit staatlichen Maßnahmen bekämpft. Eine Konsequenz kann zum Beispiel das Töten aller betroffenen Tiere sein. „Anzeigepflichtig werden Krankheiten nur, wenn sie unter anderem die menschliche Gesundheit gefährden“, sagt Jennifer Reinhard vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Da der Druse-Erreger sehr affin auf die Lymphknoten am Kopf des Pferdes ist, besteht für den Menschen kein Risiko. Eine Anzeigepflicht gibt es demnach nicht.

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Und was bewirkt eine Meldepflicht? „Im Falle der Einführung einer Meldepflicht müsste das Auftreten der Krankheit von den Leitern der Veterinäruntersuchungsämter, der Tiergesundheitsämter oder sonstiger öffentlicher oder privater Untersuchungseinrichtungen an die nach Landesrecht zuständige Behörde gemeldet werden“, klärt Jennifer Reinhard weiterhin auf. Das Ergebnis wäre eine Deutschlandkarte, die anzeigt, wo Druse aufgetreten ist.

Bloß keine Panik

„Da die Druse in den allermeisten Fällen gut behandelbar ist und die Pferde sich mit Ruhe und Pflege auskurieren, halten die Behörden eine Meldepflicht nicht für nötig“, meint Henrike Lagershausen. Zugleich ruft sie dazu auf, offen mit einer Erkrankung umzugehen. „Es kann jeden treffen, kein Stallbetreiber kann sich sicher schützen.“

Wenn die Krankheit im Stall ist, muss man sie ernst nehmen, sehr ernst – ohne in Panik auszubrechen. Vielmehr muss in der Stallgemeinschaft gemeinsam mit dem Tierarzt abgesprochen werden, welche Hygienemaßnahmen wie umgesetzt und welche Pferdebetriebe informiert werden müssen. Dass der Hof für fremde Pferde gesperrt wird, sollte selbstverständlich sein. Die Verantwortung, eine Weiterverbreitung der Krankheit zu verhindern, obliegt dem Pferdehalter. „Wir wünschen uns aber, informiert zu werden“, sagt Lagershausen, „weil wir nur so weiter informieren und auch beraten können.“ Beispielsweise wenn es um die Frage geht, ob ein Turnier abgesagt werden muss.

Turnierabsagen sind sinnvoll

Mehrfach wurden in der Vergangenheit Turniere wegen Druse oder Druseverdacht gecancelt. 2016 beispielsweise in Westfalen, Bremen, Weser-Ems, dem Saarland, Hannover, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern. „Ob es reine Vorsichtsmaßnahmen waren oder auf den Betrieben Druse grassierte, können wir aber nicht sagen“, erklärt Lagershausen. Tobias Puschmann, Tierarzt an der Tierärztlichen Klinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover glaubt nicht, dass die Fallzahl in den Jahren zuvor gestiegen ist.

Aber wie verbreitet sich die Krankheit eigentlich? „Der Nasenausfluss und der Eiter aus den Abszessen der erkrankten Tiere ist hochansteckend. Die Übertragung geschieht von Pferd zu Pferd, weshalb Nasenkontakt dringend zu unterbinden ist. Aber auch indirekt können Pferde sich gegenseitig anstecken. Beispielsweise über Hände, Kleidung, Einstreu, Hunde oder Tränken. Eine direkte Isolierung des erkrankten Pferdes ist deshalb zwingend erforderlich“, mahnt Henrike Lagershausen. Zugleich rät sie besonders auf dem Turnier Vorsicht walten zu lassen: „Es mag zwar egoistisch klingen, aber ich würde keinen Eimer ausleihen.“ Ansteckungsgefahr! Außerdem rät sie, Pferde nicht in fremde Boxen zu stellen oder aus fremden Trögen fressen zu lassen.

Von kalter Druse und toten Pferden

Ist die Druse erst einmal im Stall, muss der Zugang auf ein Minimum reduziert werden, kein Pferd sollte auf den Hof kommen, keines den Hof verlassen. Auch die Desinfektion und Reinigung der Ställe und aller Gebrauchsgegenstände ist Pflicht, um zu verhindern, dass sich weitere Pferde anstecken. Ein infiziertes Pferd scheidet in der Regel zwei bis drei Wochen lang Erreger aus. Es gibt aber auch stille Träger, die die Krankheit besonders tückisch machen. Sie zeigen keine Symptome, scheiden aber Erreger aus.

Eine andere Verlaufsform ist die kalte Druse. „Kalte Druse bedeutet, dass Pferde nach einer Infektion weiter vitale Drusebakterien ausscheiden ohne klinische Symptome einer Druseerkrankung zu zeigen. Dies ist möglich, da es in einigen Fällen nicht zu einer vollständigen Abheilung kommt. Die Zahl dieser ‚persistenten Ausscheider‘ wird mit circa zehn Prozent der an Druse erkrankten Pferde angegeben“, erklärt Veterinär Tobias Puschmann. Die stillen Träger sind nur mit einer Tupferprobe auszumachen, weshalb es ratsam ist, auch nach dem vermeintlichen Ende der Erkrankung weitere Proben im Abstand mehrerer Tage zu ziehen. Nur so können Sie sicher sein, dass das Pferd keine Stallkollegen inifiziert. Stille Träger brauchen weiterhin Ruhe, müssen mit Antibiotika behandelt und isoliert unter Quarantäne gehalten werden. Das kann sich Monate hinziehen und ist eine unangenehme Situation, aber in der Regel keine allzu ernste. Nur bei falscher Pflege oder immungeschwächten Pferden, kann Druse tödlich sein. Das Wichtigste für die Genesung ist Ruhe, damit das Pferd den Erreger bekämpfen kann. „Durch zu frühe Belastung werden Komplikationen begünstigt“, warnt Henrike Lagershausen. Problematisch wird es, wenn der Erreger sich nicht nur in den Lymphknoten im Kopfbereich ansiedelt. „Abszesse im ganzen Körper beispielsweise im Bauchraum sind sehr gefährlich. Die Pferde zeigen dann häufig Koliksymptome.“

Auch hier gibt es Parallelen zur Mandelentzündung des Menschen: Kuriert er sie aus, ist die Krankheit unangenehm aber ohne schwerwiegende Folgen, belastet er sich wieder zu früh, droht eine Herzmuskelentzündung. Das gleiche gilt fürs Pferd.

Fazit: Druse darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, ist aber auch kein Grund zur Panik. Wichtig ist das richtige Management. Leitfäden zum Umgang mit Druse gibt es bei vielen Pferdesportverbänden und der FN.

Dieser Artikel ist erstmals erschienen in Reiter Revue 7/2016.