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Welcher Zügel für Sie der richtige ist

Eine Frage des Verwendungszweckes oder eine Frage der individuellen Vorlieben: Über Zügelmaterialien streiten sich die Geister. Das raten unsere Experten.

Reiter sollten die Zügel wählen, mit denen sie sich am wohlsten fühlen.

"Ich bin ein westfälischer Bauernsohn und reite mit den normalen Gurtzügeln mit Stegen“, sagt Frank Ostholt und lacht. Der Vielseitigkeitsreiter wüsste keinen Grund, warum er das Material wechseln sollte. „Meine Frau kann das nicht verstehen. Sie reitet mit Gummizügeln.“ Eines wird hier deutlich: Es geht um persönliche Vorlieben. Denn welches Zügelmaterial sich für welche Disziplin oder welche Reitweise am besten eignet, hängt schlicht und ergreifend davon ab, auf was der Reiter Wert legt. Die meisten Zügelmodelle lassen sich nämlich pro-blemlos disziplinübergreifend anwenden. Die Vorlieben werden allerdings oft schon im anfänglichen Reitunterricht und durch Vorbilder geprägt. Das zeigt die Tatsache, dass in anderen Ländern ganz andere Zügelmaterialien bevorzugt werden als in Deutschland.

„Bei uns liegt bei den Trensen der Verkauf von Gurtzügeln mit Stegen bei fast 100 Prozent“, erklärt Dirk Kannemeier, Geschäftsführer der deutschen Traditions-Sattlerei Passier. „Für die Kandare sind am häufigsten glatte Lederzügel gefragt und in der Vielseitigkeit werden immer mehr Gummizügel verwendet.“ In Frankreich beispielsweise setzen die meisten Reiter hingegen auf Lederzügel. Gurtzügel sind dort nicht besonders populär.

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Während die normalen Gummizügel mit Noppen im Innenteil aus Paketband bestehen, gibt es mittlerweile auch mit Gummi überzogene Lederzügel, die deutlich schwerer sind. Alles, um mehr Griffigkeit zu ermöglichen. Auch einseitig mit Gummi überzogene Lederzügel haben den Markt längst erobert. Sie bieten mehr Halt in der Hand als normale glatte Lederzügel und werden deshalb gerne als Trensenzügel in die Kandare eingeschnallt. Von Nyloneinlagen in den Gummizügeln über Kunstleder-Zügel aus Sylko bis hin zu durch- oder komplett geflochtenen Lederzügeln reicht die weitere Bandbreite der Produkte. Teils sind keine Stege aufgenäht, teils haben sie einen kleineren, andere einen größeren Abstand.

Die passende Breite und Länge

Die sogenannten Jagdzügel verfügen über aufgenähte Schlaufen, in die der Reiter hineinfassen kann. Dadurch hat er zwar einen noch besseren Halt, kann das Zügelmaß allerdings nur schwer variieren. Deshalb sind sie nur für spezielle Ritte wie beispielsweise eine Jagd geeignet, nicht aber für das tägliche Training. Ausbildungs-Botschafter Christoph Hess bevorzugt die einfachen Gurtzügel mit Stegen: „Gerade Reiter, die Probleme haben, das richtige Zügel-maß zu finden, können sich an den Stegen orientieren. Außerdem bieten sie mehr Halt.“ Er warnt allerdings vor zu breiten Zügeln. „Wenn sie nicht leicht in der Hand liegen, geht das Gefühl verloren.“ Auch zu schmale Zügel lassen sich schlecht fassen und gleiten schnell durch die Hände. Der durchschnittliche Trensenzügel hat eine Breite von 22 Millimeter. „Dieser Standard hat sich durchgesetzt. Früher waren es mal 25 Millimeter, aber damit waren sie für Frauen teilweise zu breit“, sagt Dirk Kannemeier. Ein normaler Kandarenzügel hat eine Breite von 13 Millimeter. Die gängige Länge der Zügel liegt bei 140 Zentimeter pro Seite. „Nur für Ponys sind sie kürzer“, erklärt Kannemeier. Allerdings sollte hier immer auf die Größe des Ponys und die Län-ge seines Halses geschaut werden, denn viele Endmaß-Ponys benötigen die Zügellänge für Pferde.

Die Qualität des Zügels gibt Sicherheit

Gleichgültig, welches Material und welche Breite oder Länge, eines ist wichtig: die Qualität! Gut vernäht und aus hochwertigem Material sollte der Zügel sein, denn wenn er während des Rittes reißt, sorgt er für Schrecksekun-den bei Reiter und Pferd. Nicht selten geraten die Vierbeiner in Panik, wenn die Verbindung an einer Seite abupt abbricht und der Reiter meistens hektisch versucht, noch mit dem anderen Zügelende einzuwirken. Umso entscheidender ist es, die Zügel regelmäßig auf Schwachstellen zu überprüfen. „Risse oder aufgegangene Nähte sollte man auf keinen Fall einfach hinnehmen“, rät Dirk Kannemeier. Ob diese in einer Sattlerei ausgebessert werden oder der Zügel ersetzt wird, muss jeder selbst entscheiden. Da neue Zügel allerdings keinen allzu großen Kostenfaktor darstellen, werden sie in den meisten Fällen komplett ausgetauscht. Die Preise für einfache Gurtzügel beginnen bei rund zehn Euro. Für bessere Qualität zahlt man rund 50 Euro. Lederzügel sind generell etwas teurer.

Auffällig bei den meisten gängigen Zügelmodellen sind die schmalen Lederstücke direkt hinter den Schnallen für den Gebissring. Die sogenannten Martingalschieber! Sie sollen verhindern, dass sich die Zügelschnalle oder das Gebiss während des Rittes in den Martingalringen verhakt und es dadurch zum Sturz von Pferd und Reiter kommt. Eine praktische Sicherheits-vorkehrung, die auch ohne Martingal keinen stört, denn auf sie verzichten möchte niemand. „Für Zügel ohne Martingalschieber gibt es keine Nachfrage“, sieht Kannemeier in seinem Verkauf. Wer aus optischen Gründen dennoch lieber auf die schmalen Riemen verzichten will und ganz sicher niemals ein Martingal verwendet, kann sie relativ leicht abschneiden. Aber wer weiß, bei welchem Pferd der Zügel noch zum Einsatz kommt? Denn so ein Zügel ist bei guter Pflege und einer weichen Reiterhand doch ziemlich langlebig.

Der Artikel ist erstmals in der Februar-Ausgabe 2015 der Reiter Revue International veröffentlicht worden.