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Sinnvolles Training

Wie kann ich die Reaktionsschnelligkeit meines Pferdes verbessern?

Reaktionsschnelligkeit ist nicht nur im Parcours gefragt, wenn es im Stechen um Sekunden geht. Auch auf die Reiterhilfen soll ein Pferd möglichst schnell reagieren. Wir zeigen Ihnen, wie sie genau das trainieren können.

Reaktionsschnelligkeit ist beispielsweise auch beim Galoppwechsel vom Pferd gefordert.

Schnelligkeit ist ein Thema, das in vielen Bereichen des Reitens Bedeutung hat. Zum einen die ganz offensichtliche Variante: die schnellste Zeit im Stechen. Zum anderen aber geht es auch um die Reaktionsfähigkeit des Pferdes auf Reiterhilfen. Und nicht zuletzt darum, Bewegungsabläufe in ihrer Frequenz zu erhöhen beziehungsweise einfach dynamischer zu gestalten. Alles hat etwas mit Schnelligkeit zu tun und ist in allen Disziplinen wichtig!

In einem sind sich unsere Experten, Springtrainer Achaz von Buchwaldt und Stefanie Wolf, Chefbereiterin auf dem Krüsterhof von Reitmeister Johann Hinnemann, einig: Schnelligkeit kann man zwar verbessern, aber nur selten grundlegend verändern. Sie ist eines der Attribute, die ein Sportpferd ein Stück weit mitbringen muss. „Es gibt einfach Pferde, die von Grund auf faul oder nicht so ehrgeizig sind, und da schaffe ich es bei aller Mühe nicht, die spritzig zu machen. Das sind dann sicher nicht die geeigneten Pferde für den Grand Prix-Sport“, betont Stefanie Wolf. „Aber dem einen oder anderen Reiter kommt es vielleicht auch entgegen, wenn sein Pferd ruhiger ist. Es kommt natürlich immer darauf an: Was kann ich und was will ich reiten?“ Ihrer Erfahrung nach sei es definitiv einfacher, ein übermotiviertes Pferd ruhiger zu bekommen, als ein phlegmatisches ehrgeiziger zu machen.

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Das ideale Springpferd für Achaz von Buchwaldt steht höher im Blut und bringt so bereits eine schnellere Reaktionsfähigkeit mit. „Das Allerwichtigste ist, dass Springpferde dressurmäßig gut geritten sind“, so der zweifache Derbysieger. „Die Pferde müssen am Schenkel empfindlich sein und vor allem im Gleichgewicht. Erst dann kann ich als Reiter das Pferd am Sprung verbessern!“ Auch von Buchwaldt findet es wichtig, einen realistischen Blick auf das Pferd zu haben, denn wenn ein Pferd nachhaltig nicht gut auf Hilfen reagiert, ist es für die gedachte Aufgabe vielleicht einfach nicht geeignet. Trotzdem ist es natürlich möglich, vor allem bei noch jungen Pferden, die Reaktionsfähigkeit zu verbessern und den Sportpartner „schneller“ zu machen. Dazu ist es im ersten Schritt wichtig zu analysieren, was das Pferd überhaupt daran hindert, schnell zu sein. „Das liegt eben ein Stück weit in der Natur des Pferdes, hängt also stark vom Temperament ab“, betont Stefanie Wolf noch einmal. „Aber es kann natürlich auch sein, dass dem Pferd die Reaktion auf die Hilfen falsch beigebracht wurde.“

Oftmals steckt auch ein gesundheitliches Problem dahinter. Ist das Pferd grundsätzlich frisch und hat nun eine phlegmatische Phase, könnte beispielsweise ein Infekt die Ursache sein oder eine Gelenk- beziehungsweise Wirbelblockade, die schmerzt. Dies sollte von einem Tierarzt abgeklärt werden. Ein anderes Problem könnte sein, dass das Pferd nicht ausreichend Energie durch das Futter aufnimmt. Und fehlt Energie, kann keine Schnelligkeit entstehen.

Konsequent auffordern!

Für die Pferdewirtschaftsmeisterin ist es enorm wichtig, bei der Ausbildung von Anfang an darauf zu achten, dass die Pferde sich schon bei den ersten Übungen zum Antraben und Angaloppieren nicht zu oft bitten lassen: „Klar kann ich von einem drei- oder vierjährigen Pferd nicht erwarten, dass es immer sofort auf die kleinste Hilfe richtig reagiert, aber wenn ich bei der dritten Aufforderung immer noch keine Reaktion bekomme, darf und muss ich als Ausbilder schon energisch werden, sonst erreiche ich auch später nur ganz schwer, dass das Pferd zügig auf meine Hilfen antwortet.“ Und diese energische Einwirkung müsse man als Reiter dann so lange durchhalten, bis die Reaktion ins Vorwärts erfolge: „Dann natürlich loben, damit das Pferd wirklich begreift, worauf ich als Reiter hinaus wollte.“

Überhaupt sei es sehr wichtig, dass man mit seinen Hilfen durchkomme, auch wenn es vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas Zeit in Anspruch nehme. Denn nur dann kommt der Reiter dazu, das Pferd zu loben und in seiner Reaktion auf die Hilfen positiv zu bestärken. „Es gibt schon Pferde, bei denen die Reaktionsfähigkeit auf der Strecke bleibt, weil sie etwas stur sind. Hier muss man als Reiter möglichst schnell durchkommen, das muss einfach sitzen und sobald die Reaktion stimmt, loben und sich auch wieder mit der Einwirkung zurücknehmen“, empfiehlt Stefanie Wolf. Dazu ist es unabdingbar, dass der Reiter gelernt hat, seine Hilfen gezielt einzusetzen und ein gutes Timing in seiner Einwirkung zu haben. Wie soll das Pferd präzise werden, wenn der Reiter es nicht ist?

Im Training gibt es ein einfaches Rezept: „Jede Art von Übergang hilft“, betonen Stefanie Wolf und Reitmeister Achaz von Buchwaldt unisono. „Das kann schon in der Lösungsphase beginnen“, erklärt Wolf. Dabei sind schon kleine, kaum sichtbare Übergänge innerhalb der Gangarten wertvoll. Wichtig ist: „Das Pferd bleibt dabei fleißig und auch beim Durchparieren geschlossen“, so die Dressurreiterin. Je nachdem, wie durchlässig ein Pferd ist oder eben nicht, kann es ratsam sein, alle zehn Meter einen Übergang zu reiten. „Die Kommunikation zwischen den treibenden und aufnehmenden Hilfen muss nun mal stimmen.“ Übergänge seien nicht zuletzt auch deswegen so wichtig, weil ein Pferd über dem Sprung den Rücken und somit seinen Rahmen öffne, erklärt Achaz von Buchwaldt. Es müsse dem Reiter nach dem Sprung gelingen, das Pferd wieder zu schließen. Genau das trainiere man durch Übergänge. Ein auseinander gefallenes Pferd kann auch nicht mehr schnell sein – weder im Tempo, noch in der Umsetzung von Lektionen oder beim Überwinden von Hindernissen. Es fehlt die nötige positive Spannung.

Auf Zack in der Dressur

A-Niveau:
- Schlangenlinie durch die Bahn mit einem Trab-Schritt-Übergang bei Durchreiten der Mittellinie
- Viereck verkleinern und vergrößern im Schritt und im Trab
- Tempounterschiede zwischen Arbeits- und mittlerem Tempo im Trab und im Galopp
- Eine Diagonale im Schenkelweichen anlegen im Schritt und im Trab

L-Niveau:
- Natürlich gelten auch alle Übungen auf A-Niveau.
- Galopp-Schritt-Übergänge mit der Zielsetzung, dass das Pferd auf eine kleine Hilfe prompt angaloppiert (übrigens auch eine gute Übung für den fliegenden Wechsel). Diese Übergänge können zum einen auf der Zirkellinie erfolgen oder aber ganze Bahn auf dem zweiten, dritten Hufschlag als einfache Wechsel zwischen Hand- und Außengalopp.
- Tempounterschiede zwischen leicht versammeltem und mittlerem Tempo im Trab und im Galopp

M-Niveau:
- Auch hier gelten die vorangegangenen Übungen.
- Hinzu kommen sämtliche Seitengänge, für Stefanie Wolf bevorzugt in Kombination miteinander oder mit Richtungswechsel. Zum Beispiel Schulterherein im Wechsel mit Traversalen oder umgekehrt. Oder Schenkelweichen links im Wechsel mit rechts, dazwischen wird einige Meter geradeaus geritten.
- Hat ein Pferd Probleme mit der Reaktion auf die Hilfe zum fliegenden Wechsel, muss der Reiter erst einmal die Grundgaloppade überprüfen und auch, ob er seine Hilfe im richtigen Moment gibt. Ist das gegeben, helfen Galopp-Schritt-Übergänge, wie auf L-Niveau beschrieben. Ist das Pferd soweit, dass es auf leichte Hilfe fast schon reflexartig angaloppiert, wird auch der Wechsel schneller umgesetzt.

Überlegte Übergänge

Um sie nur gelegentlich in einem Trainingsplan auftauchen zu lassen, dafür sind Übergänge viel zu wichtig. Sie sind sowohl bei Stefanie Wolf, als auch bei Achaz von Buchwaldt Teil der täglichen Arbeit. „Aber sie müssen korrekt sein“, betont Stefanie Wolf. „Ein wildes Stop-and-go hilft nicht, ein Pferd gut auf die Hilfen abzustimmen.“ Der Reiter soll sich viel mehr Zeit nehmen für eine gute Vorbereitung und exakte Hilfengebung. Er sollte darauf achten, dass die Übergänge von hinten nach vorne geritten werden und die Hand nicht rückwärts wirkt. Wichtig ist dabei, das Pferd in der Ahnlehnung zu halten, so dass es sich weder hinter dem Zügel verkriecht, noch versucht, sich frei zu machen. Als Hilfestellung kann sich der Reiter vorstellen, in die langsamere Gangart hineinzutreiben und nicht die schnellere auszubremsen. Zum Beispiel sollte er bei einem Trab-chritt-Übergang aus dem Zwei- in den Viertakt hineinreiten und den Fleiß dabei erhalten, anstatt nur aus dem Trab in Schritt zu fallen.

Wer konzentriert an die Übergänge geht, wird feststellen, dass mittelfristig auch die Reaktion des Pferdes leichter und schneller wird. Wichtig dabei ist allerdings, dass der Reiter seine Hilfen konsequent gibt und nicht halbherzig. Die feine Hilfengebung hat nichts damit zu tun, zu vorsichtig zu agieren. Übrigens kann man Übergänge wirklich immer und überall üben. Zum Beispiel auch im Gelände oder auf der Rennbahn: „Dort kann man super das Zulegen und Aufnehmen üben, weil man mehr Platz hat und im Galopp auch mal ein bisschen mehr Gas geben kann“, schwärmt Stefanie Wolf, die zudem das Reiten über Cavaletti und auch regelmäßiges Freispringen als abwechslungsreiches Training empfiehlt. Dadurch würden die Pferde sowohl geschickter als auch reaktionsschneller werden. Beim Freispringen komme es keineswegs auf die Höhe an.

Gymnastikreihen fördern die Reaktionsschnelligkeit beim Springen.

Um die Reaktionsschnelligkeit im Parcours zu fördern können Sie eine Gymnastikreihe mit folgenden Abmessungen aufbauen:
- eine Bodenstange
- in 2,5 Metern Abstand ein Steilsprung
- in 6,5 bis 7 Metern Abstand ein Oxer, evtl. mittig dazwischen eine weiter Bodenstange

Reiten Sie die Reihe in leicht versammeltem Tempo an, das erhöht den Abdruck aus dem Hinterbein. Geben Sie zum Absprung einen Impuls. Die Höhe der Hindernisse sollten eher niedrig sein.

Auch Springausbilder Achaz von Buchwaldt setzt bei seinem Training weniger auf Höhe, sondern befürwortet Absprungstangen oder kleine Reihen zur Schulung der Reaktionsfähigkeit. So könne die Absprungstange aus dem Galopp etwa drei Meter vor dem Sprung liegen. Eine Empfehlung für eine Reihe finden Sie im Kasten. Dabei liegt eine Absprungstange etwa 2,50 Meter vor einem Steilsprung, dem folgt auf einen Galoppsprung ein Oxer. Die Reihe wird aus dem fleißigen Trab angeritten. Wer den Effekt noch erhöhen möchte, legt mittig zwischen Steilsprung und Oxer eine weitere Bodenstange, um den einen Galoppsprung noch zu intensivieren. „Die Höhe der Sprünge ist dabei nicht entscheidend, viel mehr ein guter Rhythmus und ein passendes Hinreiten“, lautet der Tipp von Achaz von Buchwaldt. Auch Sprünge aus einem reell versammelten Tempo fördern laut von Buchwaldt ein kraftvolleres und pfiffigeres Abfußen am Sprung.

Dieser Artikel ist erstmals erschienen in Reiter Revue 12/2014.