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Sinnvolles Training

Wie kann ich die Ausdauer meines Pferdes verbessern?

Ausdauertraining ist nicht nur etwas für Vielseitigkeitspferde. Auch Spring- und Dressurpferde benötigen viel Kondition. Denn wer genug Luft hat, ist mit Spaß bei der Sache. Wir zeigen, wie Sie die Ausdauer Ihres Pferdes verbessern können.

Intervalltraining auf der Rennbahn fördert die Ausdauer.

Was für Vielseitigkeitsreiter ganz selbstverständlich ist, hat auch schon lange Einzug in den Trainingsalltag von Springreitern gehalten. Doch auch für Dressurpferde ist ein gezieltes Ausdauertraining sehr wertvoll, weiß Christoph Koschel, der in Hagen a.T.W. mit seinem Vater einen Dressurausbildungsstall betreibt. „Dressurpferde sollen ja nun mal ihre Lektionen möglichst leicht und harmonisch ausführen. Dazu ist es natürlich wichtig, dass das Pferd diese technisch beherrscht, aber es muss auch körperlich fit sein und dazu gehören Kraft und Ausdauer. Einem gut trainierten Pferd fällt es leichter, sich zu bewegen und es hat auch mehr Spaß daran“, ist sich das Mitglied des deutschen B-Kaders Dressur sicher. Gerade mit voranschreitendem Ausbildungsstand werden auch die Aufgaben länger und nur ein Pferd mit guter Ausdauer könne sich bis zur Schlussaufstellung konzentrieren. Kondition und Ausdauer – zwei Begriffe, die also die Leistung generell positiv beeinflussen können. Wie aber erkennt man, wenn diese Parameter nicht optimal sind und wie trainiert man sein Pferd richtig?

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Schnelles Schwitzen und eine hohe Atemfrequenz bei noch nicht allzu hoher Beanspruchung sind für Koschel die ersten Indizien für zu wenig Ausdauer, vor allem weise aber mangelnde Konzentration darauf hin. „Gerade im Wettkampf offenbaren sich Mängel in der Ausdauer ganz schnell. Wenn nämlich die Puste nicht reicht und dann noch Aufregung dazu kommt, ist es schnell vorbei mit der Konzentration. So gesehen führt eine gute Kondition oft zu mehr Gelassenheit, auch auf dem Turnier; schlicht, weil das Pferd sich der Aufgabe besser gewachsen fühlt“, ist sich der Dressurreiter sicher.

Ab auf die Rennbahn!

Alle Pferde, die im Ausbildungsstall von Jürgen und Christoph Koschel stehen, gehen auf die Rennbahn. Die befindet sich beim direkten Nachbarn, dem Hof Kasselmann. „Aber ich lasse die Pferde auch gerne im Gelände bergauf klettern. Das ist eine super Methode, um Kraft und Ausdauer zu trainieren, ohne dass es sich für das Pferd nach Arbeitsatmosphäre anfühlt“, findet Koschel. Dabei verfolgt der Dressurreiter keinen Masterplan. „Ich horche in das Pferd hinein und beobachte es. Gerade bei jungen Pferden darf man es nicht übertreiben.“ Prominentes Beispiel für erfolgreiches Training auf der Rennbahn ist sein einstiges Championatspferd Donnperignon, das jetzt erfolgreich für Dänemark unter Anna Kasprzak geht. „Donnperignon war als junges Pferd ganz schön frech und hatte viel Bewegungsdrang. Die Rennbahn war hier einerseits gut für das Ausdauertraining, in diesem Fall aber vor allem auch für die Psyche und Ausgeglichenheit. Zwei Runden Rennbahn, dann war er locker und konzentriert“, lacht Koschel. Umgekehrt klappe es sogar noch besser: Pferde, die ihre Motivation verloren hätten, bekämen durch das frische Galoppieren wieder Lust an der Bewegung. „Und dann wundert man sich als Reiter nicht selten, dass so ein Faultier auf einmal ganz schön schnell werden kann.“

Atemfrequenzen

Tipp: Nüsternbewegungen zählen, alternativ Flanken- beziehungsweise Rippenbewegungen (am besten zu sehen, wenn man auf Höhe der Hinterhand steht)


- Werte: erwachsene Pferde in Ruhe 8 bis 12 Atemzüge/Minute, bei großer Hitze bis 16 Züge/Min.
- Bei leichter Arbeit steigt die Atemfrequenz auf bis zu 30 Züge/Min.
- Bei mittlerer Arbeit steigt die Atemfrequenz auf bis zu 70 Züge/Min.
- Bei schwerer Arbeit steigt die Atemfrequenz auf bis zu 80 Züge/Min. Wichtig: Bei Aufregung können die Werte ansteigen, unregelmäßig und irreführend sein.
- Anzeichen für Überanstrengung: deutlich über 120 Züge/Min. oder Atmung liegt 30 Minuten nach Ende der Belastung noch bei mehr als 40 Zügen pro Minute.
- 30 Minuten nach Trainingsende sollte die Herzfrequenz höher sein als die Atemfrequenz. Ist die Atemfrequenz noch über 40 und die Herzfrequenz unter 40, ist dies ein Alarmsignal.

(Quelle: www.equivetinfo.de)

Das alles sind sogar hochoffizielle Tipps, denn auch die Richtlinien Reiten und Fahren Band 1 empfehlen: „Das rennbahnmäßige Reiten ist ein wichtiger Teil der vielseitigen Ausbildung des Pferdes, weil es die Gesundheit, die Trittsicherheit, die Abhärtung, die Gehfreude und den mentalen Ausgleich fördert“, heißt es dort. Und welcher Spring- oder Dressurreiter möchte auf diese Attribute verzichten?

Die allgemeine Ausdauer des Pferdes werde durch das Reiten in ruhigem Tempo über längere Strecken in allen drei Grundgangarten verbessert. Dabei solle eine allmähliche Steigerung zunächst der Trab- und später der Galoppreprisen, mit dazwischen liegenden Verschnaufpausen im Schritt folgen, heißt es weiter. Dabei empfehlen die Richtlinien mit einem ruhigen Grundtempo von 350 bis 400 Metern pro Minute zu beginnen (siehe Kasten). Ratsam sei zudem die Aufteilung in mehrere Intervalle. Temposteigerungen (450 bis 600 Meter pro Minute) sollten schrittweise zunächst auf eine halbe bis maximal eine Minute ausgedehnt werden, um dann wieder in den ruhigen Galopp überzugehen. „Diese intensiven Galoppintervalle mit Tempounterschieden sollten die Dauer von circa drei Minuten nicht überschreiten und ausschließlich auf geeignetem, möglichst ebenen Boden durchgeführt werden“, mahnt die Reitlehre.

Der Vielseitigkeits- und Dressurreiterin Julia Mestern ist es grundsätzlich wichtig, dass die Pferde viel Bewegung haben: „Weide, Paddock, Führmaschine – alles was außerhalb der Box stattfindet, ist meines Erachtens schon ein Beitrag, eine Art Grundkondition des Pferdes zu fördern“, betont die Pferdewirtschaftsmeisterin. Alle sechs Tage macht Mestern Ausdauertraining zum Tagesschwerpunkt, meist mit Galopptraining. „Aber da gibt es meiner Meinung nach kein Patentrezept, da muss man ins Pferd hineinhorchen." Manche Pferde könnten durch Intervalltraining auch fest werden. Solche Pferde könnten über längere Galoppstrecken besser ihren Rhythmus und somit zur Losgelassenheit finden.

Trab und Galopp im Wechsel

Denn für Mestern ist das A und O, dass der Rhythmus der Atmung mit dem der Galoppade übereinstimmt: „Wenn das Pferd mit dem Galoppsprung atmet, kann es viel leichter, gut und lange aushalten.“ Im Trainingsalltag von Julia Mestern sieht der „Ausdauer-Tag“ zum Beispiel so aus: „Wir haben ein Feld in der Nähe, das gut geeignet ist. Bis dorthin sind es etwa sechs Kilometer. Diese Strecke nutze ich im lockeren Trab, um das Pferd aufzuwärmen. Eine und eine Viertelrunde um das Feld sind etwa ein Kilometer. Dann galoppiere ich die erste Runde im ruhigen Tempo. Zum Beispiel ein Intervall mit einer Minute hohem Tempo, danach lockerer Trab, bis sich die Atmung wieder beruhigt. Das wiederhole ich zwei oder drei Mal.“ Allerdings sei es sehr wichtig, dabei auch die Bedingungen zu berücksichtigen: Ist der Boden zum Beispiel tief oder steige die Strecke im Verlauf an, sei das viel anstrengender für die Pferde.

Tempo-Tipp

Ein eher ruhiges, kontrolliertes Tempo (Arbeits- oder mittleres Tempo) ist bei etwa 350 bis 400 Metern pro Minute anzusiedeln. Um zu testen, ob Ihr Tempogefühl stimmt, markieren Sie sich einen Start- und einen Zielpunkt im Abstand von 200 Metern und stoppen Ihre Zeit auf dieser Strecke. Wichtig ist, dass Sie im fliegenden Start die Strecke beginnen. Ein 400 Meter pro Minute-Tempo haben Sie dann erreicht, wenn Sie eine halbe Minute für die abgesteckten 200 Meter benötigt haben. Dieser Tempo-Check lässt sich natürlich auch auf flotteres Galoppieren anwenden, zum Beispiel wäre ein 600 Meter pro Minute-Tempo erreicht, wenn die 200 Meter in 20 Sekunden absolviert würden.

Für Dressurpferde hat die Trägerin des Goldenen Reitabzeichens Dressur übrigens folgenden Ausdauer-Trainingstipp: „Für sie ist ja nicht unbedingt die Geschwindigkeit wichtig, da reicht es, die Pferde im Arbeits- oder mittlerem Tempo galoppieren zu lassen. Der Einstieg liegt bei zwei, drei Minuten und dann nach und nach steigern, bis man so lange galoppiert, wie zum Beispiel die Aufgabe lang ist. Je nach Leistungsklasse also sechs, sieben, acht Minuten.“ Aber auch alle sechs Tage für eine Stunde Schritt ins Gelände zu reiten, bringe schon viel Kondition, nicht nur für Dressurpferde.

Und noch ein Ausdauer-Trainingstipp kommt von Julia Mestern: „Es muss wirklich nicht immer das hohe Tempo sein, gerade auch bei jungen Pferden. Es hat auch einen tollen Effekt, wenn man die Pferde zum Beispiel im Gelände über lange Zeiträume ruhig traben, also quasi joggen lässt“, so Mestern. Das können dann auch schon mal 40 bis 50 Minuten fast durchgehend sein. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Pferde dabei auch sehr gut loslassen und entspannen.“

Trainingsplan

- Jeden sechsten Tag eine Einheit mit Ausdauertraining einplanen.
- Das Pferd auch vor dem Ausdauertraining mindestens 15 bis 20 Minuten aufwärmen, also ausreichend Schritt reiten sowie im Arbeitstrab und -galopp auf beiden Seiten lösen.
- Bei guter Witterung und geeigneter Strecke mit ruhigen Galoppreprisen beginnen (etwa zweieinhalb bis drei Minuten), danach austraben und im Schritt durchatmen lassen.
- Je nach Trainingszustand des Pferdes folgen nun Intervalle in höherem Tempo (beginnend bei 450 m/Minute und steigerbar bis 600 m/Minute). Zunächst für eine halbe Minute zum Beispiel 450 m/Minute-Tempo, bis hin zu einer Minute hohes Tempo, dann wieder ruhigeres Tempo.
- Wichtig: Das Pferd nach dem Intervalltraining nicht sofort durchparieren, sondern nach und nach das Galopptempo reduzieren, dann zum Trab durchparieren und erst dann, wenn die Atmung zum Takt passt, zum Schritt durchparieren.
- Bei schlechteren Bodenverhältnissen liefert eine ausgedehnte Schrittrunde mit Steigung und Gefälle eine gute Alternative, ebenso eine lange Trabstrecke, die im „Jogging-Tempo“ absolviert wird. Die kann übrigens auch 40 bis 50 Minuten geritten werden!

Der Trainingsplan ist exemplarisch für die ersten sechs Einheiten. Die Intervalle sollten gerade für untrainierte Pferde nicht länger als drei Minuten dauern, also unbedingt Pausen einlegen und gut auf die Atmung achten.

Dieser Artikel ist erstmals erschienen in Reiter Revue 11/2014