Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

Wenn Pferde bocken

Quieken und losbocken – meist ist dieses Verhalten bei Pferden ein Ausdruck von Lebensfreude. Unter dem Sattel praktiziert, bringen Bocksprünge den Reiter jedoch schnell in Wohnungsnot. Was zu tun ist, wenn Ihr Pferd bockt, erklärt unsere Expertin.

Bockt ein Pferd unter dem Reiter, heißt es abwenden. So bekommen Sie das Pferd am besten wieder an die Hilfen.

Wenn ein Pferd losbockt, kann das verschiedene Gründe haben: Übermut und Lebensfreude, aber auch Angst oder Schmerzen. Gerade bei jungen Pferden gilt es, das Bocken unter dem Reiter im Vorfeld einzudämmen. Anna-Sophie Fiebelkorn ist Dressurausbilderin und hat beispielsweise die Hengste Imperio und Benicio zu Bundeschampions gemacht. Für sie fängt die Bock-Prophylaxe schon auf der Stallgasse an. „Viele – gerade junge Pferde – bocken zu Beginn der Arbeit, weil der Gurt zu eng ist. So provoziert man übrigens auch Gurt- oder Sattelzwang. Gerade die jungen Pferde sollten vorsichtig angegurtet und in vielen kleinen Schritten nachgegurtet werden.“ Junge Pferde gehen im Stall Fiebelkorn grundsätzlich vor dem Reiten kurz an die Longe. „Selbst einige fünf- und sechsjährige Pferde werden bei uns vor der Arbeit ablongiert, wenn sie zu übermütig sind“, erklärt die Pferdewirtschaftsmeisterin. „Wichtig dabei ist, die Pferde auch an der Longe nicht losknattern zu lassen. Auch hier sollen sie erst in Ruhe Schritt gehen lernen. Sonst gewöhnen sich die Pferde an: Sattel drauf heißt, gleich geht’s erstmal los!“

In zwölf Ausgaben pro Jahr dreht sich bei uns alles um gutes Reiten und gesunde Pferde. Sie haben die Wahl, ob Sie Ihre Reiter Revue lieber digital oder als gedruckte Version lesen.

So bitte nicht. Auch an der Longe sollen Pferde nicht wild losbocken. Sie könnten es sich sonst angewöhnen.

Bocken kann auf Schmerzen hindeuten

Ursachen gibt es viele für das Losbocken. „Oft erschrecken die Pferde einfach, manchmal hat sich auch am Gurt eine Hautfalte gebildet, die kneift. Vielleicht wurde zu schnell zu fest gegurtet, oder der Sattel passt einfach nicht. Und wenn ein Pferd das häufiger macht, sollte unbedingt der Rücken kontrolliert werden.“ Bei Anna-Sophie Fiebelkorn schaut die Osteopathin alle vier Wochen nach den Pferden. „Das heißt bei Weitem nicht, dass immer alle Pferde behandelt werden müssen, aber es werden alle kontrolliert, damit sich keine Blockade verschleppt und dann irgendwann richtig weh tut.“

Bocken vorbeugen heißt schneller denken

Im Sattel ist für den Reiter vor allem wichtig, wachsam zu bleiben: „Man sollte eine brenzlige Situation im Vorfeld bemerken, also etwas schneller sein als das Pferd.“ Außerdem sollten sich die Pferde unter dem Reiter nicht langweilen. „Es reicht aber schon aus, zum Beispiel ganz viele schnell aufeinander folgende Übergänge zu reiten. Immer wieder halbe Paraden zu geben, egal ob daraus Wechsel zwischen den Gangarten oder Tempounterschiede in einer Gangart entstehen.“ Sollte es doch zum bockenden Ausbruch kommen, „hat man dann verloren, wenn das Pferd einem den Zügel nimmt. Man muss versuchen, das Pferd schnell zur Seite zu drehen und den Kopf nicht abtauchen zu lassen, sondern versuchen, ihn hochzuhalten. Schafft man es als Reiter, das Pferd zu drehen, hat man es schon aus dem Bocksprung herausgetrieben“, so die Dressur-Ausbilderin.

Anna-Sophie Fiebelkorn erkennt übrigens durchaus Unterschiede im Bockverhalten zwischen Stuten und Wallachen, beziehungsweise Hengsten: „Stuten, vor allem wenn sie rossig sind, können ja schon mal aus Klemmigkeit oder Spannung bocken. Das ist, finde ich, das Allerschwierigste. Da muss man es als Reiter schaffen, das Pferd vor das Bein zu bekommen, darf dabei aber auf keinen Fall mit dem Schenkel klemmen, sondern muss mit kurzen, schnellen Impulsen durchkommen. Bei den Damen muss man dann auch mal kompromissbereit sein“, lacht Fiebelkorn.

Bockende Jungs brauchen klare Ansagen

Bei Hengsten oder Wallachen sei es oft einfacher, eine klare Ansage zu machen. Ganz wichtig bei Pferden, die schon mal gebockt haben, sei zudem, dass man als Reiter nicht zu vorsichtig werde, sondern souverän bliebe und engagiert weiter reite. Dabei bedient sich die erfahrene Ausbilderin eines einfachen Tricks: Das Maria-Hilfs-Riemchen – oder wie es offiziell heißt: der „Sattelanfassriemen“ – findet sich an jedem Sattel in Fiebelkorns Sattelkammer: „Ich finde die super! Ich kann das jedem Reiter nur empfehlen. Gerade, wenn man ein Pferd hat, dem man nicht so ganz über den Weg trauen kann, gibt es dem Reiter sehr viel Sicherheit, und man läuft auch nicht Gefahr, die Hände hochzuziehen oder sich in der Not am Zügel festzuhalten, sondern kann mit einer ruhigen und gleichmäßigen Verbindung weiterreiten. Es reicht oft schon, wenn man den kleinen Finger im Riemchen hat. Das ist meiner Meinung nach überhaupt keine Schande!“

Dieses Gefühl der Sicherheit habe eine andere Körpersprache zur Folge, weil man ja als Reiter die Gewissheit habe, sich im Notfall am Riemchen festhalten zu können. Das führe oft dazu, dass man schon viel engagierter und mutiger reite, und das sei das beste Mittel, das Pferd von der Bock-Idee abzulenken.„Ein echtes Problem hat man allerdings, wenn die Pferde ein paar Mal erfolgreich damit waren und sich angewöhnt haben, den Reiter bockend loszuwerden oder einzuschüchtern. Dann muss vielleicht auch mal ein stärkerer, sehr sattelfester Reiter aufs Pferd“, empfiehlt Anna-Sophie Fiebelkorn.