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Leseprobe: Auf neuen Pfaden

Weg von der Bande!

Die Bande ist wie eine Leitplanke: Sie gibt Orientierung, aber man sollte sie möglichst nicht berühren. Die ersten Versuche auf dem zweiten oder dritten Hufschlag sind meist wackelig, aber wer sich traut und durchhält, wird belohnt. Womit, das erfahren Sie hier.

Abseits der Bande liegt es am Reiter, sein Pferd durch die Hilfen zu begrenzen.

Unsere Experten

Michael Fischer ist Ausbilder, Sozialpädagoge, Buchautor und Reiter Revue-Coach. In seinem Buch „Reiten leicht & logisch“ und den gleichnamigen Online-Workshops erklärt er die Reitlehre leicht verständlich und räumt mit Missverständnissen auf. www.mf-reitsport.de

Rolf Petruschke ist Pferdewirtschaftsmeister und leitete mehrere Jahre die Landesreit- und Fahrschule Dillenburg. Er unterrichtete angehende Pferdewirte an der Berufsschule, ist Richter für Dressur und Springen, Ausbilder, Referent und nimmt Trainerprüfungen ab. elopage.com/s/rolfpetruschke

Vielen Reitern gibt die Bande Sicherheit. Sie bietet dem Pferd eine äußere Begrenzung. Nun stellen Sie sich die Bande einmal als Abgrund vor. Würden Sie sich noch immer trauen, auf dem ersten Hufschlag zu reiten? Vermutlich nicht. Sie würden sich auf dem zweiten oder dritten Hufschlag sicherlich wohler fühlen. Ausbilder Michael Fischer verdeutlicht: „Ich reite erst dicht an den Abgrund heran, wenn ich mir sicher bin, dass mein Pferd Balance und Spur halten kann.“ Das Problem: Viele Pferde balancieren sich nicht zwischen den Reiterhilfen aus. „Sie nutzen die Bande als Stütze“, verdeutlicht Pferdewirtschaftsmeister Rolf Petruschke. Wechselt der Reiter auf den zweiten oder dritten Hufschlag, beginnen sie zu schwanken. Deshalb ist Rolf Petruschke sicher: „Erst auf dem zweiten oder dritten Hufschlag lernt der Reiter eine ehrliche Hilfengebung.“ Abseits der Bande zu reiten „lehrt Konzentration und Koordination. Der Reiter verfeinert und veredelt seine Hilfengebung. Er lernt, unabhängiger von der Hand zu sitzen und man kann der Schiefe des Pferdes besser begegnen, die Rückentätigkeit des Pferdes wird mehr angesprochen“, versichert Rolf Petruschke.

Erst Spur, dann Tempo

„Es ist die Aufgabe des Reiters, dem Pferd vorzugeben, wo es langgeht und wie schnell. Der Reiter muss mit seinen Hilfen einen Kanal bilden, in dem sich das Pferd bewegt und ausbalanciert“, erklärt Michael Fischer das Grundprinzip. Und weiter: „Das ist der erste Punkt der Skala der Ausbildung: Takt. Bedeutet: räumlich und zeitlich im Gleichmaß. Das kann ich nicht überprüfen, wenn ich an der Bande bin.“ Er vergleicht das mit einer einfachen Übung: „Wenn ich dir sage: ‚Stell‘ dich auf ein Bein‘ und ich reiche dir den kleinen Finger, kostet dich das kaum Kraft oder Konzentration. Nehme ich aber den kleinen Finger weg, bist du sofort hellwach.“ Übertragen auf das Pferd bedeutet das: „Reite ich von der Bande weg, habe ich das Zehnfache der Aufmerksamkeit von meinem Pferd.“

Deshalb sieht Michael Fischer es auch nicht gern, wenn Reiter ihr Pferd zum Aufwärmen fast ausschließlich an der Bande entlang gehen lassen. „So wärmen sie vielleicht körperlich auf, mental stehen die Pferde aber noch in der Box. Der Reiter erwartet aber, dass das Pferd motiviert ist, mitdenkt und mitmacht. Das wird schwer.“ Deshalb empfiehlt er: „Mal eine Woche gar nicht an der Bande reiten.“ Und verspricht: „Dann ist man in Sachen Balance und Hilfengebung schon einen riesigen Schritt weiter.“ Fällt es den meisten im Schritt noch leicht, die Spur zu halten, wird das im Trab schon schwieriger und „im Galopp haben viele keine Chance“, sagt Fischer. Er rät: „Wenn ich merke, dass mein Pferd nicht in der Spur bleibt: Tempo rausnehmen, bis es sich wieder sicher anfühlt.“

Weitere Tipps zum Reiten abseits der Bande und effektive Übungen zum Nachreiten finden Sie in unserer Januar-Ausgabe. Das Heft können Sie hier versandkostenfrei bestellen.