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Verstärkungen ausdrucksstark reiten

Kraft und Dynamik sind es, die uns an Verstärkungen so faszinieren. Rhythmus und Balance sind ihre Grundlagen. Reitmeisterin Dorothee Schneider zeigt, wie man Verstärkungen korrekt reitet und noch viel wichtiger: wie man sie richtig vorbereitet. Denn eine Verstärkung trainiert man nicht, indem man sie ständig reitet.

Verstärkungen sind eine Wucht: für Reiter und Zuschauer. Dorothee Schneider und First Romance liefern den Beweis.

Verstärkungen haben es in sich. Sie sind Ausdruck purer Kraft und maximalen Raumgriffs. Auch Profis wie Reitmeisterin Dorothee Schneider ziehen sie in ihren Bann: „Faszinierend ist natürlich die Rahmenerweiterung, die Kraft, die dahintersteckt, ein Pferd vorwärts-aufwärts reiten zu können und zu spüren, wie alles durch den Körper nach vorne ins Maul fließt.“ Damit gibt sie schon einen Einblick, worauf es bei einer guten Verstärkung ankommt. Nämlich auf erhöhten Raumgriff, Lastaufnahme, Balance und Rhythmus. Und dennoch sind es die vielen kleinen Details, die eine gute Verstärkung ausmachen.

In unserer Juli-Ausgabe dreht sich auf 16 Seiten alles um Verstärkungen. Reitmeisterin Dorothee Schneider erklärt, wie man sich die Basics erarbeiten kann und wie man eine Verstärkungen vorbereiten muss, damit sie auch wirklich korrekt und ausdrucksstark gelingen. Außerdem gibt sie Lösungsansätze für häufige Probleme bei Verstärkungen. Die Juli-Ausgabe können Sie hier versandkostenfrei bestellen.

Vorweg: Verstärkungen verbessert man nicht, indem man eine nach der anderen reitet. Viel wichtiger als die Verstärkung an sich ist nämlich der Weg dorthin. „Der rote Faden ist immer gleich“, macht Dorothee Schneider klar. Wie der aussieht, zeigt sie uns bei sich zu Hause in Framersheim. Für unseren Termin hat sie zwei ihrer Musterschüler vorbereitet. Zum einen den achtjährigen Vitalis-Sohn Villeneuve, der 2018 Vize-Weltmeister der jungen Dressurpferde wurde. Ein kompakter Fuchshengst mit wildem Schopf. Zum anderen den zehn Jahre alten Fürst Romancier-Sohn und Burg-Pokal-Sieger von 2018 First Romance. Ein eleganter, langbeiniger Dunkelbrauner, genannt Roman. Mit diesen beiden Pferden demonstriert sie den Weg von der Basis bis zur maximalen Verstärkung. Sind Sie bereit zum Abheben?

Grundlage: Geraderichtung

Grundvoraussetzung für ausdrucksstarke Verstärkungen ist die Geraderichtung. „Mein Steckenpferd“, sagt Dorothee Schneider und erklärt: „Nur wenn sich die Schultern des Pferdes stabil zwischen beiden Zügeln ‚führen‘ lassen und die Hinterbeine des Pferdes sich gerade unter dessen Körper auf einer vom Reiter vorgegebenen Linie befinden, ist das Pferd in der Lage, seine volle Kraft aus dem Hinterbein über den Rücken bis in die federnde Reiterhand fließen zu lassen.“ Durchtransportieren nennt sie das. Und auch wenn die Geraderichtung erst an fünfter Stelle der Skala der Ausbildung steht, sei sie in ihren Grundzügen schon viel früher von Bedeutung. „Sobald man mit dem inneren Schenkel an den äußeren Zügel herantreibt, spurt man das innere Hinterbein ein“, erklärt Schneider. Und die Beine des Pferdes gerade unter dessen Körper in die Spur zu bringen, ist letztendlich Geraderichtung. Generell ist die Skala der Ausbildung für Schneider kein Katalog, den es Punkt für Punkt abzuarbeiten gilt. Es ist vielmehr ein Konstrukt, das den komplexen Ausbildungsweg eines Pferdes plastisch darzustellen versucht, dessen Säulen aber immer ineinandergreifen.

Villeneuve im starken Galopp: bergauf und mit viel Kraft aus dem Hinterbein.

Drei Stufen der Verstärkung

Die Reitmeisterin geht noch weiter: „Ich kann mein Pferd letztendlich nicht in der perfekten Anlehnung reiten, wenn ich nicht vorher an der Geraderichtung gearbeitet habe.“ Hier schlägt sie wieder den Bogen zu den Verstärkungen: „Wenn ich über die Geraderichtung das Pferd zwischen beiden Zügeln und zwischen beiden Schenkeln habe und das Hinterbein unter den Körper arbeitet, kann ich es nach vorne durchtreiben. Nur so kann ich auf beide Zügel einen positiven ‚Druck‘ bekommen. Und das ist die Anlehnung.“

Eine gute Verstärkung zeichnet sich dadurch aus, dass das Pferd dabei nicht eiliger wird. Stattdessen soll es den Raumgriff der Bewegungen erhöhen. Ein Pferd, das in der Verstärkung zu rennen beginnt, arbeitet nicht über den Rücken. „Die Verstärkung soll eine Rahmenerweiterung aus dem Grundtrab oder der Grundgaloppade darstellen“, erklärt Dorothee Schneider. „Und das in dem Rhythmus, in dem das Pferd sie absolvieren kann.“ Genaugenommen beginnen Verstärkungen bereits bei Übergängen innerhalb einer Gangart, also mit Tempounterschieden. Das Tritte verlängern meint dabei einen leicht erhöhten Raumgriff im Vergleich zum Arbeitstempo. Im Mittelschritt, -trab und -galopp, wie es bereits ab der A-Dressur gefordert ist, wird dieser noch größer. Den maximalen Raumgriff zeigt das Pferd im starken Schritt, Trab oder Galopp. Diese werden ab der Dressur der Klasse M verlangt.

„Eine gute Verstärkung ist die logische Konsequenz aus guter gymnastizierender Arbeit.“ Dorothee Schneider

„Die Verstärkung lebt davon, dass das Pferd sich schließt und das Hinterbein von Tragkraft wieder in Schubkraft wechselt", beschreibt Schneider. Bildlich gesprochen muss der Reiter den hinteren Teil des Pferdes "verkürzen" und den vorderen Teil des Pferdes "verlängern" wollen. Bedeutet: Rahmenerweiterung bei gleichzeitiger Lastaufnahme. In der Rückführung wird aus Schubkraft wieder Tragkraft. Ein gewisses Maß an Versammlung ist also die Voraussetzung. Sie steigert sich mit dem Maß der Verstärkung. „Sicher kann man ein schönes Tritte verlängern auch aus dem Arbeitstrab reiten, aber die ausgereifte Verstärkung, beispielsweise im starken Trab, gibt es nicht ohne Versammlung“, macht die Expertin deutlich. Maximale Verstärkungen stehen jedoch eher selten auf dem Trainingsplan der Olympia-Siegerin. „Im Hinblick auf die Gesunderhaltung reite ich meine Pferde ungern an eine Grenze heran. Und so ein starker Trab oder ein starker Galopp ist schon eine Belastung.“ Bänder, Sehnen und Gelenke müssen einiges leisten. Deshalb sollte man sie als Lohn für die perfekte Vorbereitung wohl dosiert genießen. Lassen Sie sich einfach mitnehmen.