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Mit Übungen und Expertentipps

So fällt Ihr Pferd nicht in den Kreuzgalopp

Fühlen Sie sich wie in einer schleudernden Waschmaschine mit Motorschaden? Dann ist Ihr Pferd wahrscheinlich im Kreuzgalopp. Wir haben mit Trainern dreier Disziplinen gesprochen und erfragt, was sie tun, damit das Pferd wieder in den richtigen Galopp findet.

Klar im Dreitakt und gut unter den Schwerpunkt - so soll ein Pferd galoppieren.

Warum springt das Pferd in den Kreuzgalopp?

Dressurausbilder Philipp Hess: Kreuzgalopp ist ganz klar ein Zeichen mangelnder Balance und tritt häufig bei jüngeren Pferden auf. Bei mir springen die Pferde meiner Erfahrung nach häufig auf einer Geraden von 60 Metern am Ende der lan-gen Seite um. Ein Kraftmangel! Oder das Pferd ist nicht an den treibenden Hilfen und zieht nicht richtig durch. Der Schlüssel zum Erfolg liegt aber darin, dass das Pferd beim normalen Reiten den treibenden Schenkel annimmt. Gelingt dies, wird es auch keine Probleme mit Kreuzgalopp haben.

Springtrainer Elmar Pollmann-Schweckhorst: Kreuzgalopp sehe ich vor allem bei jungen Pferden, die von ihrer Statur einfach noch nicht so ausgereift sind, von ihrer Muskulatur noch schwach und in ihrer Balance noch wenig entwickelt sind. Es kann aber auch an schlechtem Sitz, ungeschickter Einwirkung oder an fehlender Durchlässigkeit liegen. Häufig springt das Pferd in den Kreuzgalopp, wenn es über den inneren Zügel gewendet wird. Es gibt aber auch berühmte Pferde, die Zeit ihres Lebens gerade in schwierigen Parcours in den Kreuzgalopp springen. Beispiele sind Milton oder unser Diamonds Daylight, der mit meinem Bruder über den Parcours beim Großen Preis von Aachen ging.

Vielseitigkeitsausbilder Frank Ostholt: Vor allem wenn man junge Pferde aufnimmt, enge Wendungen reitet und dann zulegt, kann es vorkommen, dass sie umspringen.

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Welche gesundheitlichen Probleme können dahinterstecken, wenn das Pferd in den Kreuzgalopp springt?

Philipp Hess: Rückenprobleme, Blockaden im Iliosakral-gelenk, Knieverletzungen oder eine Festigkeit im Rücken, die generell gelöst werden muss. Meine Empfehlung lautet, erst von einem Tierarzt abklären lassen, ob veterinärmedizinisch ein Befund vorliegt. Ist dies nicht der Fall, kann ich einen Physiotherapeuten oder Osteopathen rufen.

Elmar Pollmann-Schweckhorst: Auch wenn sich die Kniegelenke schwammig anfühlen oder das Pferd reagiert, sobald man den Rücken abtastet, sollte man meiner Meinung nach den Tierarzt kommen lassen.

Frank Ostholt: Vielleicht zwickt auch einfach was im Bein.

Wie kann ich den Kreuzgalopp korrekt verbessern?

Philipp Hess: Über einen kontrollierten Trab. Das heißt, ich pariere das Pferd zum Trab durch und galoppiere erneut an, um dem Pferd wieder Sicherheit zu geben. Es bietet sich an, auf eine gebogene Linie zu gehen, um das Pferd angaloppieren zu lassen und es im Anschluss wieder auf die Gerade zu Reiten.

Elmar Pollmann-Schweckhorst: Nicht über den Fehler ärgern! Ich empfehle, im Parcours durchzuparieren und dann neu anzugaloppieren.

Frank Ostholt: Es kommt natürlich darauf an, wie das Pferd umgesprungen ist und in welcher Situation. Beherrscht das Pferd den fliegenden Galoppwechsel, kann ich versuchen, es im Galopp umspringen zu lassen.

Wie sollte man als Reiter auf keinen Fall reagieren, wenn das Pferd im Training in den Kreuzgalopp springt?

Philipp Hess: Der Klassiker ist, dass Leute sagen. „Los gehe mit der Gerte oder den Sporen vermehrt dran, damit das Pferd wieder in den richtigen Galopp springt.“ Das sollte man unbedingt vermeiden! Das verunsichert das Pferd nur.

Elmar Pollmann-Schweckhorst: Man sollte das Pferd nicht strafen. Viele Reiter werden ungeduldig, reagieren nicht feinfühlig und das Pferd bekommt dann noch mehr Stress.

Frank Ostholt: Auf keinen Fall grob werden. Das Pferd hat ein Problem, sonst würde es ja nicht umspringen.

Was kann ich tun, wenn gerade ältere Pferde in den Kreuzgalopp springen?

Philipp Hess: Das kann vorkommen, wenn man beispielsweise den fliegenden Galoppwechsel übt. Das Pferd springt vorne um, bleibt aber hinten noch einen Galoppsprung im Kreuzgalopp, bevor es dann umspringt. Das ist ein Zeichen dafür, dass das Pferd noch nicht genug Kraft hat. Hier gilt es, an der Lastaufnahme der Hinterhand zu trainieren. Das heißt Tempounterschiede zu üben, Zirkel verkleinern und vergrößern ins Training aufzunehmen, Schulter vor, im Travers galoppieren. Möglichst alles ins Training übernehmen, was die Kraft in der Hinterhand stärkt.

Elmar Pollmann-Schweckhorst: Ein Parcours ist keine Dressurprüfung! Wenn die Pferde ansonsten gut springen, dann lasse ich ihnen auch ihre Macke. Hauptsache ist, dass das Pferd im Parcours zufrieden bleibt, dann kann ich auch mal ein Auge zudrücken, wenn es aus Versehen in den Kreuzgalopp springt.

Frank Ostholt: Das Wichtigste sind immer Trab-Galopp-Übergänge. Gelingen diese, kommt nämlich das Hinterbein automatisch unter den Schwerpunkt. Ich kann auch Tempounterschiede im Galopp reiten. Dann kann ich auch mal den Zirkel verkleinern und vergrößern, oder eine große Volte im Galopp reiten. Merke oder erkenne ich, dass das Pferd umspringen will, sollte ich die Übung auflösen, damit sich das Pferd im richtigen Galopp halten kann. Wenn auch das klappt, kann ich mich an den Außengalopp zur Balanceschulung wagen, beispielsweise eine große einfache Schlangenlinie reiten.

Was ist, wenn der Reiter durch seinen unausbalancierten Sitz, das Pferd zum Kreuzgalopp bringt?

Philipp Hess: Sicher kann das geschehen, wenn der Reiter zum Beispiel nach außen rutscht, das Pferd verunsichert und in der Folge umspringt. Der Reiter muss lernen, mit der Bewegung zu gehen. Je besser der Reiter balanciert ist, desto leichter hat es das Pferd in den korrekten Galopp zu springen.

Elmar Pollmann-Schweckhorst: Der Reiter sollte dann mal häufiger ohne Bügel reiten. Oder mit durchhängendem, hingegebenem Zügel auf dem Zirkel reiten. Diese Übung fördert absolut das Balancegefühl des Reiter.

Frank Ostholt: Gymnastikübungen oder Ausgleichssport wie Laufen sind immer gut neben dem Reiten. Manchmal hilft es, sich mal per Videoaufzeichnung überprüfen zu lassen. Die Hilfengebung im Galopp muss ganz klar sitzen. Da darf vor allem der äußere, verwahrende Schenkel nicht nach vorne rutschen.

Der Reiter muss in Balance sitzen. Der äußere Schenkel darf nicht nach vorne rutschen.

Was sind weitere gute Übungen gegen Kreuzgalopp und damit für die Balanceschulung des Pferdes?

Philipp Hess: Ich kann die Gangart häufig wechseln. Übergänge von Trab-Schritt, Schritt-Trab, Trab-Galopp. Genau so schule ich die Balance, wenn ich viel auf dem zweiten oder dritten Hufschlag reite. Zudem sollte ich durch häufiges Überstreichen kontrollieren, ob das Pferd sich selbstständig trägt. Es helfen Handwechsel im Trab von der „guten“ auf die „schlechtere“ Hand. Das heißt, ich beginne auf der Hand zu reiten, auf dem das Pferd ausbalancierter läuft und wechsle auf die Hand, auf der sich das Pferd noch nicht so gut tragen kann. Bei Pferden, die den fliegenden Galoppwechsel beherrschen, kann ich das natürlich auch im Galopp machen.

Elmar Pollmann-Schweckhorst: Ich würde kein Sondertraining gegen den Kreuzgalopp einlegen, aber ich kann natürlich vermehrt Schulterherein reiten. Zum Geraderichten und zur Tragkraftentwicklung ist das eine Schlüssellektion. Es födert außerdem das Biegen über die diagonalen Hilfen. Im Parcours auf dem Turnier sollte ich versuchen, vor dem Sprung das Pferd im Galopp noch in den korrekten Galopp springen zu lassen. So kann ich wieder den Rhythmus erhalten, damit der Anreitweg zum nächsten Sprung noch gelingt.

Frank Ostholt: Ich sollte auf einem großen Platz reiten, wo ich möglichst frei galoppieren kann. Das schult die Balance. Enge Wendungen würde ich erstmal meiden. Im Gelände kann ich natürlich lange gerade Strecken im Galopp wählen. Schön ist es, wenn man einen kleinen Hügel hat, den man hoch und runter reiten kann. Das stärkt Bauchmuskulatur, Hinterhand und den Rücken zugleich. Vorausgesetzt, das Pferd ist dafür genügend los-gelassen.