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Richtig führen: Darauf kommt es an

Bis ans Ende der Welt – denkste! Manchmal scheint schon die Reithalle Lichtjahre von der Stallgasse entfernt, wenn das Pferd nicht mitzieht. Ob Wirbelwind oder Salzsäule: Für jeden Führ-Typ gibt‘s den passenden Tipp. So führen Sie Ihr Pferd garantiert viel entspannter.

Beim Führen an der Trense liegt der innere Zügel zwischen Daumen und Zeigefinger, der äußere zwischen Ring- und kleinem Finger.

Führen ist viel mehr, als mit dem Pferd an der Hand von A nach B zu kommen. Denn hier zeigt sich, wer der Chef ist. „In der Herde bewegt immer der Ranghohe den Rangniederen“, erklärt Bodenarbeits-Experte Michael Menger. Heißt: Rennt das Pferd den Menschen um, sieht es sich als ranghöher an. Höchste Zeit, das zu ändern!

Michael Menger erklärt, worauf es beim Führen ankommt. Dabei lösen sich viele Probleme bereits in Luft auf, wenn nur drei Punkte befolgt werden:

Punkt eins: immer voll bei der Sache sein. Nicht nur beim Reiten, auch beim Führen. „Sind die Gedanken nicht beim Pferd, wird es das spüren und den Weg selbst bestimmen“, so Menger.

Punkt zwei: selbstbewusstes Auftreten. „Eine aufrechte Körperhaltung, ein sicherer Gang und bestimmtes Handeln geben dem Pferd Sicherheit. Das löst viele Probleme im Umgang.“

Punkt drei: klare Hilfengebung. „Ich brauche eindeutige Hilfen, die das Pferd versteht“, sagt Michael Menger. Dabei macht der Ton die Musik: „Möchte ich das Tempo drosseln, senke ich meine Stimme. Soll das Pferd schneller werden, hebe ich sie an.“ Eine 1,20 Meter lange Dressurgerte, die der Führende in der äußeren Hand hält, unterstützt die Hilfen.

Das brauchen Sie zum korrekten Führen

Zum Führen braucht es nicht viel – es muss nur das Richtige sein: „Wichtig ist ein passendes Halfter mit fest eingenähtem Ring, damit ich präzise Hilfen geben kann“, sagt Michael Menger. Der Führstrick hat immer einen Karabinerhaken, der sich im Gegensatz zum Panikhaken bei Zug nicht öffnet. Der Strick darf nicht zu dick oder zu dünn sein und muss gut in der Hand liegen. „Außerdem herrscht Handschuhpflicht“, sagt der Bodenarbeits-Experte. „Und feste Schuhe sind ein Muss.“ Bei unruhigen Pferden rät Menger, auch beim Führen einen Helm zu tragen.

Führketten, die durch das Stallhalfter gefädelt werden und über den Nasenrücken des Pferdes verlaufen, sieht Menger nicht kritisch – schränkt jedoch ein: „Genau wie eine Kandare oder Sporen gehört auch die Führkette nur in Profi-Hände.“

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So geht das richtige Führen

„Man führt das Pferd abwechselnd von beiden Seiten. Schließlich reitet und longiert man ja auch rechts und links herum“, sagt der Experte. Der Mensch läuft beim Führen neben dem Pferd, zwischen Kopf- und Schulterhöhe. Wendungen führen immer nach außen. „Stehe ich links vom Pferd, drehe ich es rechts herum. So schütze ich meine Füße, habe eine bessere Kontrolle und mache außerdem meine ranghohe Position klar, indem ich das Pferd bewege“, nennt Menger drei Vorteile der Außenwendungen. Den Strick hält er dabei in der dem Pferd zugewandten Hand. Der Daumen zeigt zum Pferd und die Faust umschließt den Strick.

Die Richtlinien Band eins der Deutschen Reiterlichen Vereinigung schreiben vor, den Strick 50 Zentimeter unter dem Halfter mit der inneren Hand zu fassen und den Rest mit der äußeren Hand zu halten. Natürlich darf man sich den Strick nie um die Hand wickeln, denn wenn das Pferd erschrickt und losstürmt, gibt es keine Chance loszulassen. Wer sein Pferd an der Trense führt, trennt die Zügel mit der klassischen Zügelhaltung in einer Hand voneinander.

Stürmische Pferde bremsen

Bei stürmischen Pferden empfiehlt Menger eine Gehorsamsübung: „Zunächst muss das Pferd an der Hand anhalten. Bleibt es stehen, lobe ich es.“ Wichtig: kein Futterlob! Das mache die Pferde nur aufdringlich. Das stehende Pferd soll dann den Kopf senken. „Ein Pferd mit gesenktem Kopf rennt nicht los“, erklärt Menger. „Ich kann es mit leichten Impulsen am Führstrick dazu bringen, den Kopf abzusenken.“ Den nächsten Schritt nennt der Experte „höfliches Wegschauen“: „Steht das Pferd mit gesenktem Kopf neben mir, soll es den Blick von mir abwenden.“ Denn: „Der Rangniedere schaut den Ranghöheren nie direkt an“, erklärt Menger. Zum Wegschauen bringt man das Pferd mit einem Finger- oder Gertenzeig in Richtung Kopf – wichtig: nur mit dem Griff. Bei akuter Umrenn-Gefahr bringen Außenwendungen Kontrolle in brenzlige Situationen.

Festgefrorene Pferde bewegen

Das andere Extrem sind die Kandidaten, die sich um jeden Schritt bitten lassen. „Bei diesen Pferden ist es wichtig, dass sie sich zunächst überhaupt bewegen.“ Am Strick zerren bringt nichts – die 500 Kilogramm werden das Tauziehen am Ende immer gewinnen. „Ich muss von hinten treibend einwirken, am besten mit der Gerte, oder eine Hilfsperson treibt das Pferd von hinten an. Bewegt es sich, lobe ich, indem ich es für einen kurzen Moment in Ruhe lasse.“ Auch Wendungen und Schlangenlinien eignen sich gut, um träge Zeitgenossen zu bewegen.

Ängstliche Pferde animieren

Typ drei ist der klassische Angsthase. Diesem Kandidaten mangelt es an Sicherheit. „Das Pferd glaubt nicht, dass der Mensch es bei Gefahr beschützen kann“, erklärt Menger. Die Position des Führenden ist wichtig: „Die Reihenfolge lautet immer: Gefahr, Mensch, Pferd – der Mensch muss also zwischen Mülltonne und Pferd stehen, wenn es Angst vor der Tonne hat.“ Bestimmtes Weitergehen, beruhigendes Zureden und Körperkontakt machen jedem Pferd auf Dauer Mut.

Der Artikel ist erstmals in der August-Ausgabe 2015 der Reiter Revue International erschienen.