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Leseprobe: Alles im Rahmen

Rahmenerweiterung - Warum sie so wichtig ist

Der Rahmen des Pferdes ist wie ein unsichtbares Gerüst, das ihm unter dem Reiter Stabilität verleiht und Balance schenkt. Der Reiter muss ihn aufbauen, erhalten – und immer wieder verändern. Warum das so wichtig ist und wie das funktioniert, erfahren Sie in unserer April-Ausgabe.

Einmal richtig durchatmen: Dafür ist die Rahmenerweiterung perfekt geeignet, wie Bianca Nowag und Florine OLD demonstrieren.

Der Schwung des Pferdes kommt aus der Hinterhand, wie aus einem starken Katapult. Die Energie fließt durch den Körper, über den Rücken, bis ins Maul. Der Reiter schiebt die Hand vor, das Pferd öffnet seine Ganasche. Die perfekte Kettenreaktion, genannt: Rahmenerweiterung. Das Pferd wird länger, ohne auseinanderzufallen, bleibt in sich geschlossen und ausbalanciert. Ein System, in dem die Energie im Pferd bleibt und immer wieder von hinten nach vorne und wieder zurückgespielt wird. Ein Spannungsbogen, der mal stärker, mal weniger stark gespannt sein kann. Ein Ziehharmonika-Spiel, dessen Resultat ein locker schwingendes Pferd mit raumgreifenden Bewegungen ist. Denn: keine Schwungentwicklung ohne Rahmenerweiterung. Und ohne Schwung keine Versammlung.

Deshalb spielt die Rahmenerweiterung eine wichtige Rolle in jedem Training, schon in der Lösungsphase. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt uns Dressurreiterin Bianca Nowag. Wir sind zu Besuch auf der Reitanlage im Brook in Ibbenbüren, wo die 27-Jährige trainiert. Es ist ein grauer Nachmittag Ende Januar. Die Bäume hinter dem Dressurviereck sind noch kahl, der Horizont diesig. Bianca Nowag sitzt zunächst im Sattel der zehnjährigen Florine OLD, einer Foundation- Tochter, mit der sie bereits erste Erfolge auf Grand Prix-Niveau sammeln konnte. Die hübsche Fuchsstute ist prädestiniert für unser Thema, denn: „Sie steckt manchmal ein bisschen in ihrem Kasten“, sagt ihre Reiterin. Und da wollen wir sie jetzt rausholen.

Was ist mit Rahmen gemeint?

Der Rahmen ist unheimlich wichtig: „Das Pferd braucht ihn, um sich auszubalancieren“, erklärt die Reiterin. „Man kann sozusagen einen Rahmen um das Pferd ziehen: ein Rechteck, in dem es sich bewegt“, veranschaulicht Claudia Schebsdat, Pferde-Osteopatin und -Physiotherapeutin aus Kleinmachnow und ergänzt: „Wenn es den Rahmen verkürzt, verändert sich dieses Rechteck in Richtung Quadrat, und wenn es den Rahmen erweitert, wird es länger. Am meisten verändert sich das Pferd im Bereich zwischen Genick und zwölftem und 13. Brustwirbel.“ In erster Linie ist diese Veränderung im Hals des Pferdes sichtbar.

Erweitert das Pferd seinen Rahmen, ist das am deutlichsten an der Halsung zu erkennen. Die Nase geht leicht vor.

Was passiert dabei im Pferdekörper?

„Das Pferd produziert in der Rahmenerweiterung mehr Schub“, führt Claudia Schebsdat fort. „Diese dynamische Bewegung aus dem Hinterbein liegt in der Natur des Pferdes, fällt ihm leicht.“ Wenn der Reiter es dem Pferd erlaubt, mit der Nase nach vorne zu kommen, entspannt sich der Unterhals, also der Armkopfmuskel. „Das ist der größte Beweger des Vorderbeins.“ Nur so ist das Pferd in der Lage, mit der Vorhand weit nach vorne zu schwingen. „Ist der Hals zu eng und der Unterhals angespannt, funktioniert das nicht. Das sind die ‚Strampelpferde‘, die nur aus dem Ellenbogen heraus das Bein nach vorne werfen, aber dabei nicht an Raumgriff gewinnen“, so Schebsdat und fügt hinzu: „Das Pferd kann nur da hinfußen, wo die Nase hinzeigt.“

Verkürzt der Reiter den Rahmen seines Pferdes wieder, kippt das Becken des Pferdes vermehrt ab, es nähert sich mit der Hinterhand weiter dem Schwerpunkt an und beugt die Hanken stärker. Das setzt wieder eine Kettenreaktion in Gang, wie Claudia Schebsdat aufzeigt: „Wenn das Becken abgekippt ist, kann der lange Rückenmuskel, der am Becken seinen Ursprung hat, den vorderen Bereich des Rumpfes anheben. Je versammelter das Pferd ist, desto mehr kommt es dem Reiter entgegen. Eine dynamische Linie zieht sich vom Hinterbein ins Genick, das Vorderpferd hebt sich an. Das entlastet die Rumpfträger vorne. Das Pferd hat die Möglichkeit, mit der Vorhand vom Boden wegzukommen.“

Warum macht das das Pferd locker?

Während des Trainings ist es wichtig, den Rahmen immer wieder zu verändern, phasenweise zu erweitern und wieder zu verkürzen. Wie eine Ziehharmonika. Takt und Rhythmus bleiben dabei erhalten. „Beim Zulegen und Einfangen arbeitet der Reiter mit unterschiedlichen Spannungszuständen der Muskulatur“, erklärt Claudia Schebsdat. „Je nachdem, ob das Pferd mehr ins Vorwärts schieben oder sich mehr tragen soll, müssen unterschiedliche Muskelgruppen harmonisch zusammenarbeiten.

Wenn der Reiter den Rahmen verändert, können sich immer bestimmte Bereiche erholen. Andere müssen hingegen wieder mehr arbeiten. Durch dieses Wechselspiel entstehen weniger schnell Verspannungen im Pferd.“ Und das ist es letztendlich, was das Pferd locker macht.

Woran Sie eine gute Rahmenerweiterung erkennen, was den Unterschied zu einem auseinandergefallenen Pferd ausmacht, welche Aufgabe der Reiter dabei im Sattel hat, wie die Hilfengebung aussieht und wie Sie die Rahmenerweiterung in der Lösungs- und Arbeitsphase und im Cool Down sinnvoll einsetzen, erfahren Sie im Fokusthema unserer aktuellen Ausgabe. Das Heft können Sie hier versandkostenfrei bestellen.