Leseprobe: Der Schlüssel für gutes Reiten
Lektionen richtig vorbereiten
Die besten Reiter sind diejenigen, die nicht nur nach Bauchgefühl reiten, sondern ihr Training im Detail erarbeiten. Wer ohne Plan einfach losreitet, neigt schnell dazu, immer das gleiche Schema abzuarbeiten. Das Fazit: Man tritt auf der Stelle. Dennoch geht es nicht darum, schon bevor man in den Sattel steigt, genau zu wissen, welche Linien man heute reiten und in welcher Abfolge man welche Lektionen abfragen wird. Denn es gibt ein Kriterium, dass jeden Plan schnell über den Haufen werfen kann. Und das ist das Reitgefühl.
„Der Reiter muss in erster Linie ins Pferd hineinhorchen“, macht Dressur-Co-Bundestrainer Jonny Hilberath zuerst deutlich. Äußere Einflüsse, leichte Verspannungen oder Ablenkung am Reitplatz können aus einem rittigen Pferd auch mal ein eher hitziges oder triebiges Pferd machen. Und schon macht die Tagesform einen Strich durch die Rechnung, oder besser gesagt, durch den Plan. Denn manchmal sind es dann zahlreiche Übergänge, die das Pferd benötigt, um sich loszulassen und das Pirouettentraining muss an diesem Tag zurückstehen. „Ich bin nicht der Mensch, der sagt: Also heute werden die und die Lektionen abgefragt, egal, was das Pferd signalisiert. Das Pferd ist der Sportler und entscheidend“, sagt Hilberath klar. Doch anhand des Reitgefühls entscheidet der Profi, wo er Trainingsschwerpunkte setzt. Die setzt er mit voller Konzentration um. Und das beginnt bei der Fehleranalyse.
Lektionen in Scheibchen
Wo liegt die tatsächliche Ursache eines Fehlers? Eine elementar wichtige Frage, wie Hilberath sagt. Denn in dies nicht dort, wo er zu sehen ist. Die Suche gelingt am besten, wenn sich der Reiter vorstellt, was das Pferd in welcher Lektion genau zu tun hat und wie er seine Hilfen entsprechend verständlich machen muss. Das beginnt schon bei vermeintlich einfachen Hufschlagfiguren, wie dem Ausreiten von Ecken. „Einfach ohne nachzudenken durch die Wendung zu huschen, bringt das Pferd aus dem Gleichgewicht und legt damit den Grundstein für Fehler in den Lektionen, die darauf folgen“, erklärt der Bundestrainer.
Sprich: Schon bei einer Ecke sollte der Reiter einmal zerlegen, wie der führende äußere Zügel einwirkt, wann der innere Zügel den Weg weist, welche Linie die Viertelvolte in der Ecke genau hat und wie der innere treibende und der verwahrende äußere Schenkel eingesetzt werden sollten, um das Pferd in der Spur zu halten. „Stellung, Biegung und Tempo sind drei wichtige Maßstäbe, die man in der Ecke genau kontrollieren sollte“, beschreibt Hilberath. Durchdachtes Reiten setzt voraus, dass man sich diese Abläufe bewusst macht, „damit sie irgendwann unbewusst abrufbar sind“.