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Die Lieblingsübungen der Profis – Teil 2

Was machen eigentlich Top-Trainer, um Schenkelgehorsam, Versammlung und Durchlässigkeit zu verbessern? Jürgen Koschel, Jonny Hilberath, Kyra Kyrklund und Jean Bemelmans haben uns ihre besten Übungen verraten. Gewiss kein Hexenwerk und doch mit wahnsinnig viel Effekt.

Jeder Ausbilder hat seine Lieblingsübungen, die fast immer zum Erfolg führen. Wir wollten wissen, welche das sind und haben einige Top-Trainer nach ihren Geheimtipps gefragt. Nach Übungen, die ganz einfach nachzureiten sind und den Wow-Effekt am Ende des Trainings versprechen.

Welche davon zu Ihnen und Ihrem Pferd am besten passen, müssen Sie selbst herausfinden. „Ein Grundrezept gibt es nicht, denn jedes Pferd ist anders“, gibt Kyra Kyrklund zu bedenken. Einen Versuch ist aber jede Übung auf alle Fälle wert.

Die Lieblingsübung von Kyra Kyrklund

Schenkelweichen ist für Grand Prix-Reiterin Kyra Kyrklund das Nonplusultra für mehr Schenkelgehorsam.

Das Schenkelweichen wird entlang der Diagonalen geritten. Dabei startet der Reiter aus der Ecke heraus, so als ob er im Schenkelweichen „Durch die ganze Bahn wechseln“ wolle. Klappt das gut, verkürzt er die Diagonale und reitet etwas steiler. Funktioniert es, wird erneut die Diagonale verkürzt auf ein „Durch die halbe Bahn wechseln“.

Das Pferd ist beim Schenkelweichen rechts leicht rechts gestellt, bei dezenter Führung durch die Vorhand soll sich das Pferd parallel zur Bande bewegen. Vorderbeine und Hinterbeine kreuzen deutlich. Der Reiter nimmt den rechten Schenkel als seitwärtstreibenden etwas zurück, der linke Schenkel ist für das Vorwärts zuständig und verhindert gegebenenfalls, dass die Hinterhand die Führung übernimmt. Der innere Zügel stellt das Pferd, der äußere begrenzt die Stellung, beide Zügel verlangsamen das Pferd falls nötig. Das Reitergewicht sollte in der Pferdemitte bleiben, sich jedoch gut in die Bewegungsrichtung mitbewegen.

Effekt: Verbesserung des Schenkelgehorsams und der Kontrolle des Pferdes generell

Die Lieblingsübung von Jonny Hilberath

Schenkelweichen in allen Grundgangarten ist auch für Jonny Hilberath der Schlüssel zum Erfolg.

Auch Jonny Hilberath setzt auf das Schenkelweichen und zwar in allen Grundgangarten. „Es ist eine tolle Übung, um neue Pferde kennen zu lernen, aber auch, um an der Geraderichtung zu arbeiten und den Schenkelgehorsam zu fördern“, erklärt Hilberath. Dabei erlaubt der Berufsreiter den Pferden in Dehnungshaltung zu gehen.

Als Linie empfiehlt Jonny Hilberath entweder eine Diagonale oder eine Linie entlang der langen Seite in einem korrekten Winkel von 45 Grad. „Im Schritt ist es natürlich am einfachsten, weil hier die Pferde das Gleichgewicht meist am besten halten können.“ Im Trab und im Galopp sei das richtige Tempo entscheidend, und für den Galopp gelte es in die Galoppierrichtung weichen zu lassen, also im Rechtsgalopp solle das Pferd dem linken Schenkel weichen und umgekehrt. Die Pferde sollten dabei „im Fluss“ bleiben, aber nicht zu schnell werden. Für das richtige Tempo orientiert sich Johnny Hilberath an einer einfachen Regel: Es ist dann richtig, wenn es sich gut sitzen lässt. Takt, Losgelassenheit, Anlehnung und Gleichgewicht dürfen nicht verloren gehen, sonst heißt es: Übung abbrechen, diese Punkte wieder in Ordnung bringen, und neu ansetzen.

Effekt: Verbesserung des Schenkelgehorsams und der Geraderichtung des Pferdes

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Die Lieblingsübung von Jürgen Koschel

Jürgen Koschel nutzt die lange Seite gerne, um an der Versammlung im Galopp zu arbeiten.

Im Stall von Jürgen Koschel ist das traversartige Reiten im Galopp hoch im Kurs, sobald das Thema bei den Fünf- bis Sechsjährigen auf dem Trainingsplan steht. Bei älteren Pferden wird es in konzentrierter Form beibehalten, um das Pferd zu gymnastizieren und zu kräftigen. „Dabei ist es sehr wichtig, dass der Reiter ein Gefühl dafür entwickelt, wie viel Abstellung, Stellung und Biegung er dem Pferd abverlangen kann. Takt, Losgelassenheit, Anlehnung und Balance dürfen nicht verloren gehen und das Pferd sollte als Voraussetzung schon sicher geradegerichtet sein“, mahnt der Trainer.

Das Pferd wird in Bewegungsrichtung gestellt, die Hinterhand wird mit dem äußeren Schenkel in die Innenbahn getrieben und so um den inneren Schenkel gebogen, der Reiter sitzt in Bewegungsrichtung. Je nach Ausbildungsstand wird mehr oder weniger Abstellung verlangt – das beginnt mit der Hinterhand auf dem zweiten Hufschlag und kann soweit gesteigert werden, dass das Pferd sich über vier Hufschläge seitwärts bewegt. Anfangs reichen ein paar Galoppsprünge, dann geht‘s wieder geradeaus!

Effekt: Heranführen an die Versammlung, Krafttraining, Gymnastizierung

Die Lieblingsübung von Jean Bemelmans

Jean Bemelmans bezeichnet sich selbst als „Versammlungsfan“. Der Reitmeister weiß jedoch auch, dass viele Reiter sich schwer mit der Vorstellung tun, wie sich die richtige Versammlung, aber auch die richtige Verstärkung anfühlt. Oft werde eben nur langsamer oder schneller geritten. Damit sie für das richtige Gefühl für den Bewegungsablauf des Pferdes bekommen, lässt Bemelmans seine Schüler vor allem im Galopp eine Übung reiten, die man eigentlich eher bei Springreitern findet – nur dass keine Stangen, sondern Bahnpunkte als Orientierung dienen.

Der Reiter soll sich zwei Bahnpunkten an der langen Seite zur Hilfe nehmen, zum Beispiel bei einem 60-Meter-Viereck S und V oder R und P. Diese sind jeweils 24 Meter voneinander entfernt. Nun fordert Bemelmans, Verstärkungen zu üben, indem der Reiter von Runde zu Runde einen Galoppsprung weniger für die Distanz zwischen S und V braucht. Oder von Runde zu Runde einen Galoppsprung mehr, indem er sein Pferd versammelt. Wichtig ist dabei, den Takt, die Losgelassenheit, die Anlehnung, den Schwung und die Geraderichtung im Pferd zu erhalten.

Effekt: Zulegen und Abfangen gezielt trainieren

Der Artikel ist erstmals in der Juni-Ausgabe 2015 der Reiter Revue International veröffentlicht worden.