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Dem Pferd die Angst vor anderen Pferden nehmen

Die engen Reithallen im Winter sind für viele Pferde wirklich beängstigend. Denn schon wenn manch einmal ein anderes Pferd entgegenkommt, möchte es am liebsten umdrehen. Dressurausbilderin Beatrice Buchwald hat Tipps, wie man dies am besten löst.

Für Pferde, die sich vor Artgenossen fürchten, bedeutet der Abreiteplatz puren Stress.

Besonders junge Pferde tun sich oft schwer mit ihren Artgenossen, wenn ihnen diese in der Reithalle zu nahe kommen. Aber auch manch älteres Pferd hält die Luft an, wenn es eng wird. Nicht selten gipfelt die Angst in einer panischen 180-Grad-Drehung. „Das Beste ist natürlich, wenn bei jungen Pferden gar nicht erst eine Angst vor anderen Pferden entsteht“, betont Beatrice Buchwald. Die Dressurausbilderin war in diesem Jahr mit mehreren Jungpferden auf dem Bundeschampionat und das hocherfolgreich. So holte sie mit Destello den Titel bei den vierjährigen Hengsten. In ihrer Ausbildungsstätte bei Reitmeister Johann Hinnemann und nun als selbstständige Ausbilderin sammelte sie Erfahrungen mit den ganz jungen Pferden: „Junge Pferde führe ich ganz allmählich an Gegenverkehr mit anderen Pferde in der Halle heran. Man sollte nicht mit dem Youngster zur Rush-Hour in eine volle Halle gehen, wo alle durcheinander reiten. Das schürt eher die Angst vor anderen Pferden.“ Natürlich sei das von Pferd zu Pferd unterschiedlich: „Die einen interessieren sich gar nicht dafür, die anderen kommen in eine volle Halle, sehen die anderen Pferde, halten sofort die Luft an und verspannen sich.“

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Langsam an andere Pferde gewöhnen

Idealerweise gewöhnt man das junge oder unsichere Pferd Schritt für Schritt an Gegenverkehr und Getümmel in der Reitbahn. Dazu gehört für Buchwald, dass ein anderes Reiter-Pferd-Paar sich zunächst im Schritt nähert und beim Vorbeireiten viel Abstand hält. Der Abstand wird Runde um Runde verringert. Bleibt der Angsthase jetzt gelassen, darf sich das andere Pferd im Trab nähern, erst mit viel, nach und nach mit immer weniger Abstand. Klappt das gut, wiederholt man das Ganze im Galopp. Ob die Prozedur in einer Trainingseinheit geschafft wird oder ob es Tage oder Wochen dauert, hängt einzig und allein vom Pferd ab. „Da ist man natürlich darauf angewiesen, dass die anderen Reiter Rücksicht nehmen“, so Beatrice Buchwald. „Das ist ganz wichtig, auch wenn man sich damit unbeliebt macht. Und man darf selbst nicht verkrampfen und am Zügel ziehen, wenn einem jemand entgegen kommt. Am besten atmet man in diesem Moment schon mal betont aus, das hilft mir zum Beispiel sehr.“

Mut wird belohnt

Bei schon weiter ausgebildeten Pferden kann auch helfen, das ängstliche Pferd beim Vorbeireiten an anderen Pferden in die entgegengesetzte Richtung zu stellen. Sprich: Kommt dem Reiter auf der linken Hand ein Pferd entgegen, stellt er sein Pferd nach rechts. „Es kann in der Situation auch helfen, das Pferd für den Moment ein bisschen tiefer einzustellen oder ins Schenkelweichen zu reiten“, rät Buchwald. Ganz wichtig für die Dressurausbilderin ist: Auf jeden mutig passierten Artgenossen wird mit deutlichem Lob reagiert. „Ich muss auch ein bisschen herausfinden, ob mein Pferd vor allen anderen Angst hat oder nur vor bestimmten Pferden, zum Beispiel vor großen Rappen oder Pferden, die laut schnauben. Darauf kann ich mich ja dann gut einstellen.“

Vorausschauend reiten

Zu Beginn einer Reitstunde kann der Reiter ein älteres, ängstliches Pferd auch mal durchparieren, wenn sich Gegenverkehr nähert: „aber das sollte man nicht zu oft machen, sonst gewöhnen sich die Pferde an, von allei-ne zu bremsen“, mahnt Buchwald. „Ich muss mit solchen Pferden sehr vorausschauend reiten und mir Wege suchen, die nicht zu eng werden.“ Beatrice Buchwald hat außerdem die Erfahrung gemacht, dass man die Konfrontation keinesfalls suchen sollte. „Wenn man mal zwei, drei Wochen ohne Angstsituation hinbekommen hat, verliert sich das auch manchmal, und die Pferde bleiben grundsätzlich gelassener.“ Geht es aufs Turnier, wird es natürlich schwieriger, sich mit den Reiterkollegen abzusprechen, aber „ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die jungen Pferde meist auf den Turnierplätzen so sehr mit den anderen Eindrücken beschäftigt sind, dass sie gar nicht so sehr auf die anderen Pferde achten.“

Energisch reiten bei Gewohnheitstieren

Wichtig sei, sich genug Zeit in der Prüfungsvorbereitung zu nehmen. Dazu gehöre auch, das Pferd vielleicht auf dem Parkplatz etwas länger zu führen oder wenn möglich etwas abzulongieren, damit es sich alles in Ruhe an-gucken kann und Spannung abbaut. Bei älteren Pferden ist die Ausbilderin da strenger: Was zuhause nicht funktioniert, kann auch nicht auf dem Turnier funktionieren. „Ich muss die Durchlässigkeit und das Vertrauen zu Hause so sichern, dass ich mit einem guten Gefühl aufs Turnier fahren kann. Das Wichtigste ist dabei aber, herauszufinden, ob das Pferd wirklich Angst hat, oder ob es vielleicht auch schon ein angewöhntes Verhalten ist, also eher eine kleine Marotte“. Oft sei es so, dass die Pferde zunächst tatsächlich ängstlich seien, erklärt Buchwald. Wenn der Reiter sich dann verunsichern lasse, etablierten sich diese Verhaltensmuster, ohne dass noch Angst bestehe. „Dann ist es wichtig, als Reiter energisch zu sein, den entgegenkommenden Pferden im Schulterherein oder gut im Vorwärts zu begegnen. Und man muss natürlich grundsätzlich an der Durchlässigkeit arbeiten.“ Und da helfen mal wieder: Paraden und Übergänge.