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Betrügerische Verkaufsanzeigen

Das Geschäft mit den gefälschten Anzeigen

Wer auf der Suche nach einem Pferd ist, nutzt gern das Internet. Und wer vorschnell handelt, kauft im Zweifel ein Pferd, das es gar nicht gibt. Aktuell häufen sich wieder Berichte geprellter Pferdekäufer, die bei der online-Pferdesuche auf Betrüger hereingefallen sind.

Ein Angebot, das stutzig macht: Das neunjährge S-Pferd zum Schnäppchenpreis

Online-Verkaufsplattformen bieten eine Menge Vorteile. Dank Filtermöglichkeiten spucken sie schnell eine Auswahl potenzieller Traumpferde aus. Ein paar Klicks – schon hat sich der interessierte Käufer schockverliebt. Der vermeintliche Verkäufer fordert einen Vorab-Betrag per Überweisung, um die Kosten für den Transport des Pferdes zu decken. Damit der Käufer es ausprobieren kann. Doch es wird nie ankommen. Denn das Pferd aus der Anzeige gibt es gar nicht. Die Bilder sind geklaut, die Angaben fiktiv und das Geld ist verschwunden. Die Gefahr: Längst nicht jeder Betrugsversuch ist auf den ersten Blick als solcher zu erkennen. Wie man gefälschte Verkaufsanzeigen tatsicher entlarvt.

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Enkeltrick beim Pferdekauf

Katharina Bühler ist Berufsreiterin und deshalb häufig auf Online-Verkaufsplattformen unterwegs. Als sie wieder nach einem Pferd suchte, wurde sie im Internet schnell fündig. Lord Graaf hieß der Wunderknabe. Sieben Jahre, pechschwarz, L-Dressur gewonnen und bis M** platziert. Für schlappe 9.000 Euro. „Ich bin in der Vergangenheit schon einmal an eine gefälschte Anzeige geraten“, berichtet sie. „Deshalb habe ich schnell bemerkt, dass es sich wieder um eine solche handelt.“ Stutzig machte sie vor allem der Preis. Den nennt auch Nadine Götzen von der Online-Verkaufsplattform ehorses.de als erstes Indiz für einen möglichen Betrug: „Typisch ist der S-platzierte 1.000 Euro-Friese“, sagt sie. „Solche Preisangaben sind schlicht unrealistisch.“

Was dann passiert, verläuft nach einem immer ähnlichen Schema. Der Anbieter preist das Pferd an, betont, wie wichtig es ihm sei, dass es ein schönes Zuhause bekommt. Manchmal versucht er, den Preis mit einer emotionalen Geschichte zu rechtfertigen. Das Pferd steht häufig im Ausland. Um es probereiten zu können, würde der Anbieter es von einer Spedition liefern lassen. Der geforderte Preis dafür variiert zwischen wenigen Hundert bis hin zu mehreren Tausend Euro – per Überweisung.

Auch im Fall von Katharina Bühler forderte der Anbieter von Lord Graaf 9.000 Euro, um ihn aus Irland liefern zu lassen. Er gab ihr sogar eine Geld-zurück-Garantie, sollte sie nicht zufrieden sein. Wer nun zahlt, ist sein Geld los und steht noch immer ohne Pferd da. „Ist das Geld erst einmal überwiesen, womöglich noch auf ein ausländisches Konto, stehen die Chancen schlecht, es zurück zu bekommen“, schildert Götzen einen erfolgreichen Betrug. In der Regel ist dann auch der Kontakt zum Verkäufer nicht mehr möglich. „Die Kontaktadresse ist gefälscht, die IP-Adresse verschlüsselt“, sagt sie. „Man kann den Anbieter nicht mehr zurückverfolgen.“

Bekannte Masche

Christiane Kläsgen-Hellmold ist Rechtsanwältin und hat sich unter anderem auf Pferderecht spezialisiert. Auch ihr ist diese Masche bekannt. Sie rät strikt von Vorab-Überweisungen ab – insbesondere, wenn der Anbieter nicht bekannt ist. „Eine Strafanzeige ist in der Regel nur erfolgreich, wenn eine nachprüfbare Adresse des Anbieters bekannt ist und man den Verkäufer genau identifizieren kann“, sagt sie. Der alleinige Verdacht auf einen Betrug reichte in der Regel nicht für eine Anzeige aus, sagt die Rechtsanwältin. Das ändert sich aber, wenn der vermeintliche Verkäufer eine Bankverbindung nennt und Geld per Überweisung fordert.

Deshalb müssen Kaufinteressenten kritisch bleiben. Tobias Zschunke rät, die Turnierergebnisse des angebotenen Pferdes zu überprüfen. Das ist auf rimondo.com direkt im Netzwerk möglich. Darüber hinaus listet die Deutsche Reiterliche Vereinigung alle Turnierergebnisse aus Deutschland in ihren Erfolgsdaten unter fn-verlag.de. Der Weltreiterverband speichert internationale Ergebnisse in seiner Datenbank unter fei.org. Taucht das Pferd trotz angeblicher Platzierungen nirgends auf, kann das ein Hinweis für einen Betrug sein. Um potenziellen Opfern diese Möglichkeit zu nehmen, bieten Betrüger gerne sportlich untypische Rassen an, beispielsweise Tinker oder Friesen. Diese tauchen in den Turnierstatistiken nicht auf, sollen aber dennoch sehr gut ausgebildet sein, berichtet Zschunke. Christiane Kläsgen-Hellmold rät, sich die Lebensnummer des Pferdes vom Verkäufer geben zu lassen, um die Historie des Pferdes zu überprüfen.

Geklaute Fotos

Einen weiteren Hinweis, dass es sich bei der Anzeige von Lord Graaf um eine gefälschte handelte, boten auch die Fotos. „Sie haben ganz klar unterschiedliche Pferde gezeigt“, berichtet Bühler. Die Google-Bildersuche ermöglicht, die Herkunft der Bilder zurückzuverfolgen, die für die Anzeige verwendet wurden. So führten die Bilder von Lord Graaf direkt auf die Webseite der Grand Prix-Reiterin Bernadette Brune. Und die ärgert sich häufig über Vorfälle dieser Art. „Das passiert leider ständig und europaweit“, sagt sie. „Meist sind es Bilder von meinem 15-jährigen Hengst Valeron, der in der Anzeige als siebenjähriger, lieber Wallach angepriesen wird.“

Wer Bilder von fremden Webseiten verwendet, um damit eine Fake-Anzeige zu erstellen, macht sich außerdem im Sinne des Urheberrechts strafbar, merkt Christiane Kläsgen-Hellmold an. Bernadette Brune kontaktiert in solchen Fällen den Betreiber der Verkaufsplattform und lässt die Profile der Betrüger sperren. Bei dem Versuch, die vermeintlichen Verkäufer telefonisch zu erreichen, sei sie nicht weitergekommen. Kontakt war ausschließlich per E-Mail möglich. Ein weiterer Hinweis für kriminelle Machenschaften. Denn Betrüger bevorzugen den Kontakt per Mail.

Nochmals auf Nummer sicher gehen kann jeder Kaufinteressent, indem er die Chatfunktion der Verkaufsplattform für die Kommunikation mit dem Anbieter nutzt, sagt Nadine Götzen. Ein Mechanismus filtert den Chatverlauf nach bestimmten Schlüsselworten, die im Zweifel einen Betrug auffliegen lassen können. Doch sobald die Kommunikation auf privaten E-Mail-Verkehr umgeleitet wird, ist die Plattform selbst machtlos.

Auch der Anbieter von Lord Graaf wollte lieber per E-Mail weitere Informationen austauschen. Diese kamen in gebrochenem Deutsch. „Auch das ist bei Betrugsanzeigen häufig der Fall“, schildert Tobias Zschunke. „Die E-Mails klingen, als hätte man sie einfach von einem Online-Übersetzer ins Deutsche übersetzen lassen.“ Man könne den Anzeigentext übrigens auch in eine Online-Suchmaschine eingeben, rät er. Denn Betrüger nutzen gern identische Texte auf unterschiedlichen Plattformen. Und nicht nur das. Sie legen auch gern viele unterschiedliche Profile an, um Pferde anzubieten, die es nicht gibt. „Bei uns kann pro Tag und IP-Adresse nur ein Profil angelegt werden“, nennt Götzen einen weiteren Mechanismus, um die Kunden vor Betrügern zu schützen.

Betrüger sperren

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen seitens der Plattformen – jeder kann einem Betrugsversuch auf den Leim gehen. Deshalb gilt es, alle Angaben aus der Anzeige penibel zu prüfen, bevor der Kontakt zum Anbieter überhaupt zustande kommt. Ergeben sich bereits hier Unstimmigkeiten, sollte jeder Verdacht auf Betrug dem Betreiber der Plattform gemeldet werden. „Wir versuchen bei einem solchen Hinweis selbst Kontakt zum Anbieter aufzunehmen“, beschreibt Tobias Zschunke das Vorgehen. „Sehen wir, dass ein Interessent mit einem Betrüger in Kontakt getreten ist, warnen wir diesen auch persönlich.“ Verhärte sich der Verdacht, sperre die Plattform Profil und Anzeige, sagt auch Nadine Götzen. Spätestens wenn der Anbieter vorab Geld per Überweisung fordert, ist es an der Zeit, den Kontakt abzubrechen. Das hat auch Katharina Bühler getan. Die Anzeige von Lord Graaf ist mittlerweile deaktiviert.