Es war ein Paukenschlag, als Cavallo, der traditionsreiche Hersteller von Reitstiefeln und -bekleidung aus Bad Oeynhausen, in diesem Frühjahr wirtschaftlich die Puste ausging. Ein Käufer wurde gesucht, der das Label wieder in die Erfolgsspur bringt. Im nur 80 Kilometer entfernten Lienen erfährt Brigitte Weeke-Therling diese Neuigkeit fast beiläufig auf ihrer Stallgasse. „Seitdem hat mich der Gedanke nicht mehr losgelassen“, erzählt die Unternehmerin bei unserem Besuch auf ihrem Bauernhof in Westfalen.
Es ist Mitte Juli, kurz vor dem CHIO Aachen. Für Brigitte Weeke-Therling eine aufregende Zeit. Zum ersten Mal wird sie selbst auf dem Weltfest des Pferdesports Cavallo präsentieren. Sie will vor Ort sein, hinter dem Tresen stehen, mit den Leuten ins Gespräch kommen. „Mir ist es sehr wichtig, die Wünsche und Ideen der Kunden hautnah aufzunehmen“, beschreibt die Unternehmerin ihre Herangehensweise. Erst seit wenigen Wochen ist sie Inhaberin von Cavallo. Der Marke, die mit Lederstiefeln groß geworden ist und inzwischen das komplette Sortiment der Oberbekleidung im Reitsport anbietet.
Um all die Ware nach Aachen zu transportieren, wird kurzerhand der Pferde-Lkw samt Anhänger mit der aktuellen Kollektion beladen. „Wir werden alle im Lkw campieren“, verrät die dreifache Mutter. Ihre Kinder bekommen gerade Ferien, freuen sich auf das Abenteuer Aachen. Ihr Mann unterstützt sie bei all dem und bestückt schon mal den 18-Tonner mit den wichtigsten Utensilien für einen reibungslosen Arbeits- und Familienausflug.
Für Brigitte Weeke-Therling ist Mode seit ihren Berufsanfängen das bestimmende Thema. Nach ersten Jahren als Einkäuferin für namhafte Label wagte sie mit gerade einmal 25 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit. Sie produzierte für große Marken ganze Kollektionen, reiste viel, lernte Europa und Asien kennen. „Aber das Modebusiness ist auch ein Haifischbecken“, weiß die heute 51-Jährige. Sie wollte mehr Unabhängigkeit und gründete schließlich ihre eigenen Label unter dem Firmennamen Soquesto in Warendorf.
Die jahrzehntelange Erfahrung und die Kontakte zu Produzenten weltweit will Brigitte Weeke-Therling für Cavallo nutzbar machen. „Diese Marke hat es verdient, dass sich jemand mit viel Herzblut um sie kümmert“, sagt die neue Inhaberin. Sie kann dabei auf einen Großteil der Belegschaft zählen, der neuerdings in Löhne arbeiten wird. „Es gehört aber auch zur Ehrlichkeit in einer solchen Situation, dass nicht alle Arbeitsplätze erhalten werden konnten“, fügt sie hinzu.
Für die leidenschaftliche Vielseitigkeitsreiterin und Züchterin richtet sich der Blick aber nach vorn: „Wir werden die Sortimentsbreite bei Lederwaren und Oberbekleidung auf jeden Fall beibehalten.“ Gerade bei Lederstiefeln sieht Brigitte Weeke-Therling eindeutige Vorteile für Cavallo im internationalen Wettbewerb. „Wir können sehr individualisiert auf die Kundenwünsche eingehen, was Passform und Schäftung angeht. Hinzu kommt ein umfangreiches Lager für schnelle Lieferung“, sagt sie. Weiteres Wachstums-potenzial sieht sie für Cavallo zum Beispiel in den USA. Aber jetzt geht es erst einmal für sie zum CHIO nach Aachen, in die große Welt des Pferdesports.