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CHIO Aachen 2019

Isabell Werth: Erst der Sieg in der Kür, dann ein Ständchen zum Geburtstag

Dorothee Schneider und Showtime FRH legten die Messlatte ziemlich hoch, aber mit risikofreudigen Linien und Piaffen und Passagen der Sonderklasse machte Bella Rose ihrer Reiterin ein besonderes Geschenk.

Isabell Werth und Bella Rose - vom Publikum gefeiert.

Aachen – In der Kür, dem Großen Dressur-Preis von Aachen, sind wie bei großen Championaten nur drei Reiter pro Nation startberechtigt. Die besten drei aus dem Grand Prix Special sind es dann meistens. Und schon gestern zeichnete sich ab, dass die drei Deutschen das Podium anvisieren. Der Dreifach-Sieg in der Kür kam also alles andere als überraschend. Auch dass Isabell Werth sich an ihrem 50. Geburtstag mit dem 13. Sieg im Großen Dressurpreis von Aachen belohnte, hatten gestern schon einige Dressur-Fans vorausgesehen. Allerdings war Dorothee Schneider ziemlich dicht dran. Letztendlich brachte die künstlerische Note Isabell Werth nach vorne. Aber im Detail:

Isabell Werth und ihre 15-jährige Belissimo-Tochter Bella Rose begannen etwas verhalten. Die Stute stand in der Grußaufstellung nicht still und das Einreiten im Schritt ist bei der Bella Rose generell nicht der große Punktefänger. Aber dann legten sie einen Schalter um, starteten mit Traversalen, für die sie schon die ersten Zehnen bekamen. Beethoven untermalte passend zum Takt der Grundgangarten die schwierigen Lektionsfolgen. In den geschmeidigen Übergängen und in Piaffen und Passagen holten Isabell Werth und Bella Rose ihre Punkte im technischen Teil. Ein Fehler in den fliegenden Wechseln und Lektionen wie der starke Trab, die nicht zu den besten von Bella Rose gehören, drückten das Ergebnis. Satte 96 Prozent für die künstlerische Note – allein für Musik und Interpretation gaben alle Richter die Zehn – machten am Ende den Sieg aus. 90,450 Prozent entlockten Isabell Werth die typische Siegerfaust, nach einer vom Klatschen des Publikums begleiteten Schlusslinie. „Es war schon etwas mehr Druck als sonst“, sagte sie schmunzelnd. Schließlich hätten die Organisatoren die Siegerehrung inklusive Geburtstagsüberraschung geplant. Als Siegerin durfte sie das Dressurstadion erst verlassen, nachdem das Publikum lauthals ein „Happy Birthday to you“ angestimmt hatte, die Geburtstagstorte überreicht worden war und all die schönen Momente aus Isabell Werths langjähriger Karriere noch einmal über den Bildschirm flackerten. Eine wertschätzende Geste inklusive Rosenstrauß, über die sich die Dressurreiterin fast so sehr freute, wie über ihren hart erkämpften Sieg. „Doro hatte schon ziemlich vorgelegt“, zollte sie ihrer Teamkollegin Respekt. Und das war definitiv der Fall, denn mit 89,660 Prozent war die Reitmeisterin mit ihrem 13-jährigen Showtime FRH ziemlich nah dran.

Das aktive Hinterbein des Sandro Hit-Sohnes ist immer wieder eine Erwähnung wert. Gleichmäßig fußt er kraftvoll ab, völlig unabhängig von der Lektion. Zu Queens „Show must go on“ lieferte das Paar Passagen der Extraklasse. Dafür gab es auch mehrfach die Zehn. Die letzte Mittellinie hatte ganz eindeutig Gänsehautfaktor. Passage, Piaffe nach rechts und links als Fächerpirouette und dann noch einmal in der Passage zum Schlusspunkt. Da hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. In der künstlerischen Note lag das Paar knapp unter Isabell Werths Bewertung, lieferte aber definitiv seine Bestleistung ab. „Er war so frisch und für mich war es echt emotional, zu fühlen, wie er tanzen wollte“, fand Schneider die passenden Worte. Mit Platz zwei konnte die gut leben, aber die Leistung war eine eindeutige Kampfansage.

Wechsel auf gebogener Linie: Isabell Werth und Bella Rose.

Dorothee Schneider und Showtime FRH machten es spannend.

Dalera, die Piaffe-Queen

Mit einer Glanzleistung verabschiedeten sich auch Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB aus der Soers. Zum Soundtrack von La La Land brachte das Paar eine besondere Leichtigkeit ins Viereck, die vor allem durch wunderbar elastische Piaffen und Passagen getragen war. Im Schritt hat die zwölfjährige Easy Game-Tochter noch Defizite, aber im Vergleich zum letzten Jahr wirkt sie deutlich gereifter und konstanter in allen Lektionen. 87,595 Prozent waren das Ergebnis, für Musik und Interpretation gab es mehrfach die Zehn. „Sie ist magisch“, dankte Jessica von Bredow-Werndl ihrem Pferd. „Ich hatte Gänsehaut in der Prüfung.“

Königin der Leichtigkeit: TSF Dalera BB unter Jessica von Bredow-Werndl.

Die Britin Charlotte Dujardin hatte sich sowohl im Grand Prix als auch im Special zwischen Dorothee Schneider und Jessica von Bredow-Werndl geschoben, in der Kür musste sie allerdings anderen den Vortritt lassen. Zwar machte ihr Trakehner Erlentanz wie an den vergangenen Tagen keine großen Fehler, bekam sogar eine Zehn für die Einerwechsel, doch weder der Schwierigkeitsgrad, noch die Qualität der Lektionen konnten an die vorderen Paare heranreichen. Die Kür zum Soundtrack von „Drachen zähmen leicht gemacht“ gehörte einst Rekord-Pferd Valegro. Erlentanz mit ihm zu vergleichen, wäre nicht fair. 83,995 Prozent waren das Ergebnis, was Rang fünf bedeutete, denn die Dänin Cathrine Dufour schob sich mit Nachwuchspferd Bohemian überraschend auf den vierten Platz. Der neunjährige Westfale überzeugte mit einer kraftvollen Passage, gut durchgesprungen Pirouetten auf dem Teller und keinen großen Fehlern in der gesamten Vorstellung. Die Choreographie, ebenfalls zu Titeln der Band Queen, kam in Sachen Schwierigkeitsgrad noch nicht ganz an die der Deutschen heran, aber deutlich wurde, dass auch in Dänemark neue Konkurrenz heranwächst. Das wird spannend bei der EM in Rotterdam.