Warum Reiter sich aufwärmen sollten
Reiter Revue: Warum ist es überhaupt wichtig, sich vor dem Reiten aufzuwärmen?
Imke Schlömer: Für jeden Sportler geht es darum, sich sowohl physisch als auch psychisch auf die anschließende Aktivität vorzubereiten. Das kann schon beim Putzen des Pferdes geschehen, wenn man mit großen Bewegungen striegelt und dabei in sich hineinhorcht, wo es zwickt oder zwackt. Denn sich eventueller Bewegungseinschränkungen bewusst zu sein, hilft schon, um etwas dagegen zu unternehmen oder auch nachsichtiger mit dem Pferd zu sein, wenn es auf diese reagiert. Bin ich beispielsweise in der linken Hüfte blockiert, kann es passieren, dass sich mein Pferd ungern biegt. Das kann ich dann aber auf meine Einwirkung zurückführen.
Genügen ein paar Lockerungsübungen oder sollte man sich am Boden erst richtig dehnen?
Das hängt von der Grundkonstitution des Reiters ab. Ist er generell ein sportlicher Typ, der Ausgleichssport macht und ein gutes Körpergefühl hat, wird er an sich lockerer und geschmeidiger im Sattel sitzen, als ein Reiter, der etwas steifer ist und beispielsweise durch einen stressigen Bürojob verspannter ist. Es geht um die Verfügbarkeit der Strukturen. Reiten ist ja kein Kraftsport, sondern erfordert vor allem Körpergefühl und Koordination. Die Muskeln müssen im richtigen Moment eingesetzt werden können. Habe ich ein gutes Bewusstsein dafür, muss ich am Anfang des Reitens nur kurz in mich hineinhorchen, um eventuellen Spannungen mit einigen kleinen Übungen begegnen zu können.
Woran merkt der Reiter denn, dass er an bestimmten Stellen verspannt ist?
Die beste Rückmeldung kommt vom Pferd selbst. Ist der Reiter beispielsweise im Schultergürtel und in der Hand sehr fest, verkriechen sich viele Pferde hinter dem Zügel und rollen sich ein. Damit einher geht allerdings auch, dass der Reiter im Lenden- und Beckenbereich fest ist. Er selbst merkt, dass er beim Aussitzen nur erschwert mitschwingen kann und keinen Sitzkomfort hat. Gleichzeitig wird auch das Pferd ihn nicht zum Sitzen kommen lassen, solange es den Rücken festhält. Ein Teufelskreis, den nur der Reiter durchbrechen kann. Zum Beispiel durch geschicktes Aufwärmen.